Das innere Gesetz der Verwaltung und die Ohnmacht der Bürger

20. März 2024

Ein Zwischenruf von Dr. Dieter Füting

Nirgendwo ist autokratische Ignoranz und das Privileg zum Vertuschen und zum Nichtstun so verflochten, wie in der Politik und in der Verwaltung. Jede Verwaltung ist infiziert, jedes Parlament scheint betroffen zu sein – egal ob in Brüssel oder in Königs Wusterhausen.

Aber wenn in Brüssel der augenscheinliche Verdacht besteht, dass die Politik käuflich ist, Privilegien, viel Geld und Korruption das politische Geschäft hinter den Kulissen bestimmen, wer kommt dann noch auf die Idee, dass hier in Königs Wusterhausen im Stadtparlament und in der Verwaltung alles in Ordnung ist? Vor allem nach den Vorgängen zur Abwahl des Bürgermeisters Ennullat und den „wirkungslosen“ Petitionen der Familie Almus aus Zernsdorf beispielsweise, mit ihren präzisen Fragen zu vielen Ungereimtheiten? Überall heißt die Methode: Aussitzen, Ausblenden, Totschweigen!

Die Forderung an Politik und Verwaltung, die Bürokratie abzuschaffen oder wenigstens doch einzudämmen, ist so alt wie die Bürokratie selbst. Es besteht eine scharfe Grenze zwischen der Verwaltung und der verwalteten Welt, nicht aus Hass oder Böswilligkeit gezogen, sondern der Tatsache geschuldet, das nur das Gesetz und die Regel zu gelten habe.

Zwangsläufig arbeitet also jede Behörde nach dem Grundsatz, dass Fehler a priori ausgeschlossen sind, dass mit Fehlermöglichkeiten überhaupt nicht zu rechnen ist.

Da Fehler aber dennoch geschehen, ist der politische Apparat zu seiner Kontrolle genötigt, die Verwaltung also zur Einrichtung von Kontrollämtern, die ihrerseits kontrollbedürftig sind, vorzusehen. (Vgl. Franz Kafka, Amtliche Schriften, Kap. IX )

Das Paradoxe daran ist, dass Kontrollbehörden gar nicht kontrollieren können, denn Fehler kommen ja nicht vor. Übrigens, wer darf denn endgültig sagen, was ein Fehler ist? Dem Bürger wird es nicht erlaubt. Die Suche des Bürgers nach Recht und Gerechtigkeit muss vergeblich bleiben. Er bekommt nur eine „positive Antwort“, wenn sie dem System dient. Seine Suche nach Gerechtigkeit gleicht der Suche desjenigen, der nach einem Wort Kafkas über ein Seil geht, „das nicht in der Höhe gespannt ist, sondern knapp über dem Boden.“

Diese für den Bürger hoffnungslose Situation wird noch dadurch verstärkt, dass es an gut ausgebildeten Fachkräften permanent mangelt.

Weil das ein Grundproblem ist, muss es in der Verwaltung um die ständige Aufstockung des Personals gehen. Dieses „Parkinsonsche Gesetz“ über das unaufhaltsame Personalwachstum und die dadurch bewirkte Desorganisation der Verwaltungen (Vgl. C. Northcode Parkinson, Gesetz und andere Untersuchungen über die Verwaltung, Stuttgart 1958), beschreibt den Teufelskreis in der Verwaltung.

Dieser Teufelskreis wird noch befeuert durch das wirkende Peter – Prinzip. Es besagt: In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen. Das bedeutet für die Verwaltung wie für die Politik auch in unserer Stadt, jeder strebt danach, bis zur Unfähigkeit befördert zu werden. In der Politik braucht man nicht einmal einen Hochschulabschluss. Für den Bundestag reicht es eh immer. Doch es ist tröstlich, dass es nur wenigen vorbehalten ist, diesen Weg zu gehen. Die Anderen sind dann diejenigen, die die Arbeit der Unfähigen machen müssen.

Dieser Vorgang heißt das Peter- und Paula-Prinzip. Die Paulas machen die Arbeit, haben aber nichts zu sagen und zu bestimmen. Der Sinn und der Unsinn, unsere Verwaltung und das Parlament in der Stadt zu kritisieren, ergibt sich aus diesen Zusammenhängen.

Der Krug wird solange zum Brunnen gehen müssen, bis er bricht. Wer das für sich erkannt hat, wendet sich von der Politik und ihrem bürokratischen Apparat mit Schaudern ab. Nur wenn es zwingend nötig ist, wird er sein Anliegen der Verwaltung oder der Politik noch vortragen. Doch er ahnt schon vorher, wie das Ergebnis aussehen wird.

Symbolbild: © pressfoto