Ein offener Brief.
Sehr geehrte Frau Landtagsabgeordnete Fischer, sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter Scheetz, sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter Keller,
mich erreichte kürzlich ohne mein Zutun der Brandenburgkurier (SPD-Fraktion Brandenburg) mit dem Slogan „Wir machen Zukunft“. Ich werte ihn als einen Versuch, einen Teil Ihres politischen Denkens und realen /beabsichtigten Tuns zu skizzieren und zu erklären, mit viel Optimismus. Der Versuch ist Ihnen wichtig genug, deshalb treten Sie auf diesem Wege an uns Bürger heran. (Ich deute ihn zudem als einen Beitrag zur bevorstehenden Landtagswahl.) Das geschieht meines Erachtens aber leider im Sinne einer Einbahnstraße; denn Meinungsäußerungen von Lesenden, eigene Vorschläge usw. sind nach meiner Interpretation nicht gefragt, ansonsten wäre vermutlich ein entsprechender Hinweis im Blättchen enthalten. Dabei wäre manches zum Dargestellten zu sagen, auch Grundsätzlicheres. Hierzu nur ein Aspekt: Sicherung einer langfristigen, effektiven, sozialen (Trink)wasserversorgung. Ohne sie sind alle Träume, alle Absichten schnell verwirkt, mancher Bau, manches Werk, mancher Ort mit einst menschlichem Leben – das zeigt uns ein Blick in Gegenwart und Vergangenheit außerhalb unseres Bundeslandes – inzwischen verweist. Obwohl so nie erwartet.
Und: Als unangemessen, ja falsch betrachte ich die folgende Position in dem von Herrn Keller formulierten Vorwort: „Wir als SPD-Fraktion wollen für die Menschen Politik machen, …“ Nein, nicht mindestens auch mit ihnen? Und da werden Sie im offenen Dialog manches Kritische, Ablehnende erfahren; auch auf Reaktionen von Regierungs- und Landespolitik bezüglich des Ukraine-Krieges und damit einhergehender Folgen /Handlungen im Land Brandenburg. So Sie sich einem solchen Dialog auch hierzu stellen.
Bei der Gelegenheit möchte ich Sie auf ein Kontrastprogramm verweisen, das ich vor wenigen Tagen als Bürgerin erleben konnte; es bestand zwischen der Bundespressekonferenz des Bundeskanzlers einerseits und dem Zweiten Friedensgespräch in Königs Wusterhausen andererseits (maßgeblich initiiert und dort moderiert von der Stadtverordneten Birgit Uhlworm). Worin zeigte sich aus meiner Sicht dieser Kontrast inhaltlich und personell? Einerseits ein Bundeskanzler mit SPD-Parteibuch, der die Politik seiner Koalitionsregierung und der EU/USA/NATO als Reaktion auf den Ukraine-Krieg nach innen und außen als angemessen und zukunftsträchtig ansieht und darstellt, der sie unbeirrt fortzusetzen beabsichtigt – das trotz ausgeprägter existenzieller Gefahren, trotz entgegengesetzter Positionen in der internationalen Welt und innerhalb des eigenen Landes. Andererseits Menschen dieses Landes – nicht allein aus Königs Wusterhausen und Brandenburg, die sich in großer Sorge unter dem Thema „Stehen wir vor einem Welt- und Atomkrieg?“ (Vortrag von Christoph Krämer, Chirurg und Mitglied des IPPNW, Deutsche Sektion) trafen, mit anderer Sicht als der Kanzler auf die von ihm vertretene Politik, auf die Welt von heute. Unumwunden, gestützt auf statistische Angaben (u.a. Vergleich Abwurf der damaligen Atombomben mit ihrem Potenzial, heutige Atombomben mit ihrem viel gewaltigeren Potenzial), gab der Mediziner Christoph Krämer – hier im Falle eines atomaren Krieges (ob gezielt oder aus Versehen) – zu verstehen: Wir als Ärzte können euch in dieser Situation nicht helfen. Dessen war ich mir und bin ich mir bewusst. Auch, dass das auf viele andere Situationen in einem traditionellen Krieg zutrifft.
Der Optimismus, den der Bundeskanzler auf der o.g. Bundespressekonferenz ob der Ukraine-Allianz und der bundesdeutschen Regierungspolitik zu verbreiten versuchte, verbunden mit ein wenig trockenem Humor, wurde angesichts ihrer gefährlichen Drahtseilakte von den Anwesenden im Zweiten Friedensgepräch nicht geteilt. Die Friedensgespräche im Rathaus KW wie die Friedensmahnwache in unserer Kommune, die inzwischen hier über fünfzig mal stattgefunden hat, werden in einer Stadt durchgeführt, die, wie Sie sicher wissen, der internationalen Vereinigung „Bürgermeister für den Frieden“ angehört. Sie werden fortgesetzt. Ob und wann sich auch Mitglieder der SPD, auch der SPD-Fraktion in KW daran beteiligen werden? Bisher konnte ich sie hier nicht entdecken.
Ich kann mich von außen des Gefühls nicht erwehren, selbst SPD-Vertreter in der Kommunalpolitik verstünden sich gegenwärtig stark als Teil eines Kanzlerwahlvereins, als Unterstützer des Kanzlers. Als Unterstützer einer meines Erachtens falschen Politik, die massive Aufrüstung und Feindbilder einschließt, ja produziert. Zugleich sehen sie sich vielleicht auch wegen einer so aufgefassten Rolle nicht in der Lage, an Friedensgeprächen teilzunehmen, die einen anderen Ansatz verfolgen als den der offiziellen Politik und den zahlreicher Medien? So läuft man Gefahr, sich als Person und/oder Partei zu amputieren.
Und Zukunft für uns Menschen wird ohne Frieden kaum zu haben sein, sie braucht Frieden (und das ist mehr als die im Vorwort benannte Sicherheit).
Birgit Uhlworm und Dr. Christoph Krämer
© Fotos Stadtfunk KW
*) „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts“ ein Satz von Egon Bahr, SPD
(Anmerkung der Redaktion am 26.7.2023: Obwohl persönlich adressiert, kam von keinem der Adressaten bisher eine Antwort)