Sehr geehrte Stadtverordnete, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
am 11. Januar 2023 ist der Stadtverwaltung KW eine Rolle Papier mit einem roten Schleifchen öffentlich übergeben worden: eine Einwendung der UBL Zernsdorf gegen den Lärmaktionsplan der Stadt. Auf diese fünf Seiten lange Einwendung gegen den Lärmaktionsplan Stufe 3 der Stadt Königs Wusterhausen erfolgte – so die Darstellung aus der UBL – trotz Anfragen seit der Übergabe im Januar 2021 keine Reaktion. Seit 2 Jahren! Da entsteht von außen schon der Eindruck, dass seitens unserer Stadtverwaltung dem Lärm als einer wesentlichen Umweltgefahr, als einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung heutiger und künftiger Einwohner geringe Aufmerksamkeit, geringe Bedeutung beigemessen wird.
Dieser Eindruck kann sich ebenso aufdrängen beim Abwägungs- und Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan der Innenentwicklung 04/18 „Eschenweg“ im OT Zeesen – und das, obwohl zum Eschenweg / Ausschnitt Bahnbereich erstmals ein Schallgutachten vorliegt, das sich auf Lärm und Erschütterung dort bezieht. In diesem Gutachten (Begründung, S.23) wird deutlich,
„dass die Beurteilungspegel der Orientierungswerte der DIN 18005-1, als auch der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete überschritten werden. Zudem kommt es durch die vom Schienenverkehr verursachten Emissionen nachts im Plangebiet zu Überschreitungen der Schwelle zur Gesundheitsgefährdung.[…] Im Hinblick auf Schallimmissionen ist insbesondere der westliche Bereich des Plangebietes kritisch, da hier sowohl aktuell als auch zum Prognosehorizont 2030 die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nachts überschritten wird. Es sollte jedoch auch erwähnt werden, dass sich die Überschreitung zum Prognosehorizont 2030 hin auf die Immissionspunkte 1-5 beschränkt.“ (Das aber sind Grundstücke in zweiter Reihe.)
Die Stellungnahme des Landesamtes für Umwelt (LfU) bekräftigt ohne jegliche Relativierung, dass an fast allen Immissionsorten (IO) die Orientierungswerte der DIN 18005 deutlich überschritten werden.
Aber an den davon betroffenen Grundstücken wollen Stadtverwaltung und Eigentümer mit Händen und Klauen, auf Biegen und Brechen zwecks Wohnbebauung unverändert festhalten und finden uneingeschränkten Rückhalt beim Ortsbeirat. Folglich wägt man auch in diesem Sinne ab. So wird mit Vermutungen gearbeitet, die eine Verbesserung der klar beanstandeten Werte in Aussicht stellen, obwohl nicht sicher ist, dass sie in der Realität tatsächlich in dieser Form eintreten werden. Oder es werden bauliche Forderungen gestellt zum Schutz vor Lärm, die sich in anderer Hinsicht negativ auswirken, etwa wenn es heißt:
„Zum Schutz vor Lärm sind Außenwohnbereiche von Wohnungen entlang der Bahnstrecke 6142 nur in baulich geschlossener Ausführung (zum Beispiel als verglaste Loggia oder verglaster Balkon) zulässig.“ (Ja, sie sind laut „Leitfaden Immissionsschutz im Bebauungsgsplan“ (S. 9) ausnahmsweise zulässig, aber in welcher Lage sind sie auch akzeptabel?)
Und sind sie hier akzeptabel? Verglasung bedeutet nämlich im Sommer, dass sich die im hiesigen Falle laut B-Plan westlich gelegenen Wohnbereiche zusätzlich aufheizen werden – bei ohnehin zunehmenden Temperaturen und angesichts der von der Deutschen Bahn erhobenen Forderung, im dortigen Bereich keine Bäume zu pflanzen.
Oder der vom LfU benannte erhöhte Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebiets entlang der Bahnstrecke wird als nicht erkennbar zurückgewiesen.
Oder es wird die in der Stellungnahme des LfU (S. 45) angeführte Tatsache verharmlost, geschönt, dass dort die baulich nicht verbundenen Außenwohnbereiche (z.B. Gärten) nicht vor gesundheitsgefährdendem Lärm geschützt und Aufenthalts- und Erholungsqualität eingeschränkt sind. Da heißt die Entgegnung dann im pauschalen, sich objektiv gebenden Abwägungsprozess schon einmal ganz harmlos: Es „befinden sich in unmittelbarer Umgebung neu errichtete Wohngebäude und bestehende Wochenendhäuser, welche bereits gärtnerisch genutzt werden.“ (S.46). Und damit hat sich der ursprüngliche, der grundsätzliche Einwand des LfU erledigt, bleibt ohne Folgen, ohne Veränderungsvorschlag für den B-Plan.
Im Abwägungsprozess stehen also neben Argumenten, die stichhaltig wirken, solche, die ich fadenscheinig nenne, auch irreführend; denn zum Beispiel der Verweis, dass ja in den letzten Jahren auch schon neue Häuser im Eschenweg so dicht an der Bahnstrecke gebaut worden seien und nun nach dem Gleichheitsgrundsatz zu verfahren sei, klammert aus meiner Sicht etwas ganz Wesentliches aus: Die zwei (!) bisher dicht an der Strecke bebauten Grundstücke im Eschenweg waren nicht Teil eines B-Planes mit seinen Spezifika – eingeschlossen Gutachten zu Immissionen von Bahn und Geflügelwirtschaft – und diese zwei (!) Grundstücke unterlagen nicht (!) Ihrer kommunalpolitischen Entscheidung, nicht (!) Ihrer kommunalpolitischen Verantwortung. Und damit unterlagen sie auch nicht (!) einer Entscheidung wie in diesem Falle: nämlich, inwieweit der Abwägungs- und Satzungsbeschluss in nunmehr vorliegender Form dem Lärmaktionsplan gerecht wird: einem Plan, der 2016 nur mit dem Einverständnis der SVV erstellt worden ist. Das alles bitte ich zu bedenken.