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Was darf an einem Ortsbeirat politisch sein? oder „Wir können mehr“

7. Juni 2017

Matthias Fischer, Zernsdorf

Seit einiger Zeit bemühe ich mich, regelmäßig die Sitzungen des Ortsbeirates in unserem schönen Zernsdorf (mehr hier) zu besuchen.
Auch heute wieder. Auch heute gab es Fragen von interessierten und betroffenen Bewohnern, die von Ortsvorsteher Borck (SPD) und Vizebürgermeister Jörn Perlick (CDU, Leitspruch: „Wir können mehr“) als Vertreter der Verwaltung teils widerstrebend, teils offensichtlich uninformiert und aus einer Abwehrhaltung heraus behandelt wurden.
So frage ich mich zum Beispiel, warum in Sachen Geschwindigkeitsbegrenzung im Ortskern oder auf der Autobahn den Bürgern von den Stadtoberen seit Jahr und Tag erklärt wird, man könne hier nichts machen, das sei letztlich Kreis- bzw. Ländersache. Soll der Einzelne nun also zum Land gehen und sich beschweren? Ist das nicht Sache der Ortsvertreter (soll ich sagen Volksvertreter?), sich für ihre Leute stark zu machen, voranzugehen notfalls bis ins Ministerium, und zwar solange, bis das Übel bekämpft ist?
Die Frage nach den aktuellen Baumaßnahmen und Sperrungen in der bereits abgefrästen Karl-Marx-Straße und den daraus folgenden Einschränkungen für die Anwohner blieb unbeantwortet; Hierzu lagen den Vertretern keine Informationen vor – es sagte aber auch keiner: »ich kümmere mich, spätestens am Freitag finden Sie alle aktuellen Infos in den öffentlichen Aushängen«. Da ist Schnelligkeit gefragt, unbürokratische Initiative, und es hilft doch nicht, sich auf Unterlagen, die vor zwei Monaten zur Sperrung der Kreisstraße versandt wurden, zu berufen, wenn die Realität alles überholt!
Oder, dass im Zuge der geplanten Kita im Neubaugebiet eine Verkehrsberuhigung nicht zwingend möglich sei, da sie ja gar nicht direkt an der Kreisstraße liege, weil eben noch ein winziges Zipfelchen Land davor sei, womit von der Karl-Marx-Straße aus keine direkte Zuwegung existiere. Das mag ja nun so sein, aber das eigentliche angesprochene Problem – wie komme ich aus der Undinestraße raus, bzw. wie kommen die Kinder von links nach rechts über die Kreisstraße, ist doch mit dieser Antwort nicht vom Tisch! Wo bleibt ein Satz wie »lassen Sie uns gemeinsam die wirkungsvollsten Maßnahmen besprechen und uns dafür gemeinsam stark machen«?
Zu keinem der Themen und Vorhaben, die seit Monaten immer wieder angesprochen wurden und vor sich hin gären, konnte ein Fortschritt oder gar Vollzug gemeldet werden – seien es die verrammelten Seezugänge, die Verhandlungen zur Konstruktion eines Radweges nach Ziegelei, die Widmung einer Zuwegung zum Friedhof (Zernsdorf) oder auch nur die leeren Wasserkanister auf dem Friedhof (Kablow-Ziegelei). Nur für die Weihnachtsbeleuchtung zeichnet sich ein Stern am Himmel ab.

Da lag es mir dann doch auf der Zunge, Herrn Perlick, der sich ja als Kandidat für die im September 2017 anstehenden Bürgermeisterwahlen bewerbe, eine direkte Frage zu stellen. Und zwar, ob er es nicht an der Zeit finde, sich mal für die Anliegen der Menschen unseres Ortes einzusetzen, statt immer nur Ausreden dafür zu finden, was nicht machbar sei und bei allem anderen zu schweigen.
Offensichtlich hatte ich hier gleich mehrere Vertreter der etablierten Parteien empfindlich getroffen, denn nun wandte sich Ortsvorsteher Borck gegen mich: Mein Einwand wäre politisch und es sei hier nicht erwünscht, politische Diskussionen zu führen. Herr Borck gab noch gleich eins drauf, er würde von seinem Hausrecht Gebrauch machen, wenn ich weiter insistiere. Das war nicht nötig, denn ich hatte ja schon alles gesagt.

Nun stelle ich hier eine letzte Frage, nämlich, was denn diese Herren für eine Vorstellung von dem haben, was sie »da vorne« tun. Aus meiner Sicht ist das gelebte Politik. Und zwar der einzige Ort, wo Politik ganz nah an der Basis dran ist, wo ihr besorgte oder betroffene Bürger Angesicht zu Angesicht gegenübersitzen. Welche Möglichkeit habe ich als einfacher Bürger denn sonst noch, Fragen zu stellen, die ich zu dieser Politik habe? Für mich ist kommunale Politik ganz einfach, nämlich für die Menschen und ihre Lebensbedingungen ein offenes Ohr zu haben. Zu erkennen, was die Menschen bedrückt und sich dafür mit aller Kraft einzusetzen. Keine Stillhaltetaktik zu betreiben. Unerwünschte Meinungen nicht unter den Tisch zu kehren, sondern zuzuhören, warum der eine das denkt und der andere jenes.

Aber genau das ist offensichtlich in unserer Stadt nicht erwünscht.

Abbildung: www.joernperlick.de

Niederlehme: Beobachtung einer Ortsbeiratsitzung

16. Januar 2015

Matthias Fischer

5 Mannschaftwagen und 3 Streifenwagen der Polizei schienen dem Ortsbeirat von Niederlehme ein angemessener Rahmen für die Einwohnerfragestunde am 15. Januar 2015. Extra angereist war der Vertreter des Bürgermeisters von KW, Jörn Perlick.

Grund für die Aufregung ist die Sorge der Einwohner um die angemessene Unterbringung von Asylbewerbern. „Wir waren alle mal Flüchtlinge“, hieß es in der hoch sensibilisierten Runde aus etwa 150 Einwohnern. Unverständnis herrschte über eine Politik des Landkreises und der Stadt, die 400 Menschen unterschiedlichster Herkunft in ein Gebäude abseits jeglicher Zivilisation unterbringen will. Und das, obwohl seit Jahren von den Flüchtlingsräten aller Bundesländer die Lagerunterbringung in Massenunterkünften als unmenschlich abgelehnt wird. Auch die „Unterbringungskonzeption des Landes Brandenburg“ vom 7.6.2012 fordert die dezentrale Unterbringung in Wohnungen.

Die Ortsvorsteherin von Niederlehme, Ina Engel, SPD, wurde mehrfach zu ihrer Meinung befragt, sie hatte keine und sie lehnte zudem jede Verantwortung ab. Ebenso wie Jörn Perlick, immerhin stellvetredender Bürgermeister von KW, der lediglich mitzuteilen hatte, dass gegen den Beschluss des Landes nichts zu machen ist. Welcher Hohn auf die anwesenden Einwohner und auf die Achtung der Rechte der Asylbewerber. Welcher Hohn auf demokratische Politik. Die Emotionen der Einwohner überschlugen sich dementsprechend.

Einziger Lichtblick in der ohnmächtigen Politikerrunde war Katharina Ennullat, Ortsbeiratsmitglied, die sowohl persönlich ihre Bedenken gegen die Massenunterkunft benannte als auch ihren politischen Auftrag verstand. Sie wird sich in der Stadt KW als auch im Landkreis dafür einsetzen, dass 1. eine angemessene Quote für alle Teile der Stadt ermittelt wird, 2. angemessener Wohnraum zur Verfügung gestellt wird, jenseits von Massenunterkünften, und 3. die soziale und kulturelle Einbindung der Asylbewerber und ihrer Familien gelingen kann. Denn von Verkehrsmitteln, Einkaufsmöglichkeiten bis Kita, Schule, Arzt fehlt derzeit jede Infrastruktur, egal wie viele Asylbewerber kommen. Ein entsprechender Aufruf „Wir aus KW für eine moderne Willkommenskultur“ ging durch die Anwesenden und wurde mit einer spontanen Unterschriftensammlung bestätigt. Frau Ennullat erhielt diese Unterschriftenliste.

Leserbrief auf die Entscheidung des Ortsbeirats Zernsdorf, über den Seezugang nicht zu entscheiden

10. November 2014

Uta Pews, Zernsdorf

Zernsdorf ist ein Dorf und hat seinen Dorfklatsch. Und das ist auch gut so. Ein Thema des Dorfklatsches ist der Seezugang Friedensaue.
Üble Dinge werden hier gemunkelt. Leute würden unter Druck gesetzt, eingeschüchtert, gar bedroht. Einer wolle alles bestimmen, nur weil er Beziehungen von früher habe, von Seilschaften ist die Rede und wie immer spielten die Politiker dabei auch keine rühmliche Rolle. Bisher habe ich den Dorfklatsch nicht ernst genommen. Und das bis zum vergangenen Mittwoch, zur Sitzung des Ortsbeirates. Dort stellte sich heraus, dass einige Mitglieder des Ortsbeirates, der sich an diesem Tag zum Thema Wegöffnung positionieren sollte und dieses bereits seit zwei Jahren auf der Agenda hat, offenbar die konkreten Fakten gar nicht kannten. Es kommt noch schlimmer. Einige wanden sich um dieses Thema herum, strapazierten umständlich Worthülsen, nur um keine klare Aussage zum Thema treffen zu müssen. Wortreich, umständlich und „allgemeinkonkret“ kam man dann auf den Bürgermeister, der es nun richten solle.
Der Unmut des Volkes über seine Vertreter war deshalb nur zu verständlich! Betroffen und nachdenklich bin ich nach Hause gegangen. Vielleicht ist ja doch etwas Wahres dran an dem Dorfklatsch und den Seilschaften, den Einschüchterungen und gar Bedrohungen. Zu offensichtlich war, dass keiner der Volksvertreter eine klare Position zu dem Thema beziehen wollte. Trauen die sich etwa nicht?  Das ist ja fast wie im richtigen Krimi und Zernsdorf könnte eine Miss Marple gebrauchen, die diesen kniffligen Fall löst. Hat es aber leider nicht! Trotzdem bin ich optimistisch. Das Volk hat es vor 25 Jahren geschafft, die Mauer einzureißen. Da wird es doch wohl mit diesem kleinen Zaun fertig werden, oder?

Dieser Leserbrief ist am 17.11.2014 in der MAZ, Seite 11, erschienen.

Lesen Sie dazu auch den Artikel in der MAZ vom 9.1.2014.

Lesen Sie hier die Anfrage von Zernsdorfer Bürgern zur Öffnung des Seezugangs und hier die Antwort der Stadtverwaltung und des Bürgermeisters von KW.