Beschlussvorlage für die SVV am 25.09.2023:
Die Stadtverordnetenversammlung beschließt Folgendes:
Der Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans 02/22 „Quartier am Möllenzugsee“ in Niederlehme wird aufgehoben. Am Planungsziel von ca. 350 Wohnungen wird nicht festgehalten.
Der Aufstellungsbeschluss ist neu zu fassen.
Neues Planungsziel ist eine Obergrenze von ca. 200 Wohnungen. Das Plangebiet wird begrenzt, um den Klima- und Immissionsschutzwald zu erhalten. Der Vorhabenträger hat sich in angemessener Weise an den notwendigen Investitionen der verkehrlichen und sozialen Infrastruktur zu beteiligen (Folgekosten).
Begründung:
Zur Entwicklung des ehemaligen Industriegebietes Niederlehme wurde im April 2020 unter Hoheit der Stadt Königs Wusterhausen und in Verantwortung des Stadtplanungsamtes gemeinsam mit dem Eigentümer der Brachflächen ein städtebaulicher Wettbewerb abgeschlossen.
Als Sieger ging das Architekturbüro „Die Mehrwertbauer“ aus Berlin hervor. Ihr Schwerpunkt lag auf einer dreigeschossigen Bauweise sowie einem herausragenden Bauwerk im Hafenbereich, das sich am Niederlehmer Wasserturm orientieren sollte. Nach einer ersten öffentlichen Vorstellung gab es keine Zustimmung für eine mehr als dreigeschossige Bauweise; auch nicht im Hafenbereich. Die ortsübliche Bebauung sollte eingehalten werden. Eine Anpassung des Konzeptes sollte erfolgen. Danach sollte die Stadtverordnetenversammlung über den entsprechenden Aufstellungsbeschluss befinden.
Der Eigentümer verkaufte das Grundstück in der Folge aber nicht an den Sieger des Wettbewerbs sondern an einen anderen Investor. Die Stadt hat 2021 dem Verkauf offenbar dennoch zugestimmt.
Der neue Investor; KW Development, weitete das ursprüngliche Plangebiet der ehemaligen Industriefläche in den angrenzenden Wald aus und strebte eine höhere und dichtere Bebauung an. Bestehender Wald sollte gerodet werden. Teile der Waldflächen sind jedoch als „3100 Klimaschutzwald“ und „3200 Immissionsschutzwald“ rechtswirksam kartiert (siehe Stellungnahme der unteren Forstbehörde vom 23.05.2022).
Planungsziel des Bebauungsplans ist die Schaffung von rd. 350 Wohneinheiten in Geschossbauweise.
Ergänzend und flankierend zur angestrebten Wohnungsbebauung sollen folgende Nutzungen etabliert werden:
- wasseraffine Freizeitnutzungen,
- Gewerbenutzungen (Einzelhandel, Büro, Verwaltung, Dienstleistungen),
- Sondernutzungen (Bildung und Forschung),
- Gemeinbedarfsnutzungen (insbesondere in Form einer Kindertagesstätte).
Im Oktober 2022 hat die Stadtverordnetenversammlung nach längerer Diskussion dieser beabsichtigten Entwicklung mehrheitlich zugestimmt. Ein Antrag zur Änderung des Planungsziels war zuvor abgelehnt worden.
Der Ortsbeirat Niederlehme hatte zuvor am 25.08.2022 die dichte Bebauung jedoch als kritisch betrachtet. Es gab eine Diskussion darüber, die Bruttogeschossfläche auf 20.000m² zu reduzieren (ca. 200 Wohnungen). Die stellvertretende Bürgermeisterin, Frau Hirschfeld, gab in der Sitzung an, dass der Antrag auch später gestellt werden könne. Der Vorhabenträger wurde auch darauf hingewiesen, dass er ein fremdes Grundstück ohne die Zustimmung der Eigentümerin beplante (Größe 3.300m²).
Am 06.09.2023 hat der Vorhabenträger seinen Vorentwurf nunmehr öffentlich vorgestellt. Das fremde Grundstück wird noch immer beplant. Die Eigentümerin hat nochmals öffentlich erklärt, dass sie ein Angebot des Investors ausgeschlagen hat.
Der Vorhabenträger hat die Bruttogeschossfläche auch nicht reduziert, sondern um das 2,5fache erhöht. Je nach Variante sollen nun zwischen 68.500 bis zu 76.000m² BGF entstehen, in dichter und enger Geschossbauweise (4 bis 7 Etagen). Parkplätze in Tiefgaragen, ein Stellplatz pro Wohnung. Sozialer Wohnungsbau wird nicht in Aussicht gestellt. Trotz Nachfrage gibt der Investor keine Auskunft mehr darüber, wie viele Wohnungen nun entstehen sollen (eigene Schätzung: 700 Wohnungen). Er gab lediglich an, dass die Wohnungen je zur Hälfte verkauft und vermietet werden sollen; auch im Hochpreissegment.
Aus Sicht unserer Fraktion hat sich der Investor als nicht zuverlässig erwiesen. Er scheint nicht vertrauenswürdig und wir fühlen uns getäuscht.
Die öffentliche Informationsveranstaltung am 06.09.2023 hat des Weiteren gezeigt, dass ein großes öffentliches Interesse besteht und die Bürgerinnen und Bürger die Dimension des Bauvorhabens ablehnen.
Auch wir sind der Meinung, dass die städtebaulichen Aspekte im dörflich geprägten Teil Niederlehmes nicht ausreichend berücksichtigt worden sind sowie die aus der geplanten Bebauung resultierenden Bedarfe von Bildung, medizinischer Versorgung, Einzelhandel, ÖPNV und Verkehr.
Der Entwurf fügt sich nicht in das Ortsbild ein und durchbricht die kleinteilige Bebauung erheblich. Eine Notwendigkeit für die geplante verdichtete, hohe Bebauung gibt es nicht.
Aus Sicht unserer Fraktion sollte zu den Ergebnissen des städtebaulichen Wettbewerbs aus 2019/2020 zurückgekehrt werden. Dies kann nur mit einem neuen Aufstellungsbeschluss und klar definierten Planungszielen gelingen.
Wir empfehlen eine maximal dreigeschossige, aufgelockerte Bauweise sowie weiterhin die beabsichtigten flankierenden Freizeit-, gewerblichen und Gemeinbedarfsnutzungen.
Höhe und Umfang der Folgekosten für die soziale und verkehrliche Infrastruktur, die der Vorhabenträger zu leisten hat, orientiert sich dann am geplanten Bauvolumen.