Der Partei DIE LINKE hängen unter wohnungspolitischen Gesichtspunkten bis heute zwei gewaltige „Sündenfälle“ an. Es ist zum einen die Zustimmung der PDS-Fraktion im Dresdener Stadtrat zum Verkauf der „Städtischen Wohnungsbaugesellschaft WOBAU“ (2006) mit 48.000 Wohnungen an den amerikanischen Finanzinvestor Fortress, das als Zwischenstation für spätere Verkäufe. Und es ist zum anderen das noch umfangreichere Verkaufspaket des Berliner Senats aus SPD und PDS, die größte „Städtische Wohnungsbaugesellschaft WSG“ mit ihren 65.000 Wohnungen privatisierend, gekauft vom Fond Cerberus. In beiden Fällen war der jeweilige Haushalt in sehr schlechter Verfassung, aber die finanzielle Notlage erklärt eben nicht alles. Vor allem nicht, warum Linke mit der Wohnungsfrage als sozialer Frage letztlich wohl relativ leichtfertig umgegangen sind, nicht ausreichend bewusst, welche Folgen ihre Entscheidung haben würde. Nicht nur für Mieter – betroffene und künftige -, sondern auch für den gesamten Wohnungsmarkt in der Bundesrepublik; dort entstanden unter Einbeziehung dieser Wohnungsbestände nunmehr große Wohnungskonzerne wie Deutsche Wohnen und Vonovia mit Geschäftsmodellen, die vornehmlich hohe Gewinne verfolgen, mit allem, was dazu nötig und möglich ist.
Ein weiterer wohnungspolitischer „Sündenfall“ Linker – wenn auch anders gelagert – könnte demnächst auf dem Konto ihrer Fraktion in KW stehen; denn im Hauptausschuss kündigte Michael Wippold (DIE LINKE) an, seine Fraktion werde in der folgenden SVV-Sitzung geschlossen für den
Selbstbindungsbeschluss zur Entwicklung des Königsparks durch die DLE stimmen: Es sei ein innovatives Vorhaben, besonders bezüglich Ökologie, Klima, Mobilität (Schwammstadt, großer Grünbereich, Reduzierung von Autoverkehr).
https://www.maz-online.de/lokales/dahme-spreewald/koenigs-wusterhausen-cdu-fordert-buergerentscheid-zum-koenigspark-T6CAG7G42JFARPJXYCB4YCXCKY.html
Ich halte fest: Dieses Ja wäre ein Ja für ein völlig neues Stadtgebiet von KW, sowohl von seiner Gestaltung als auch von seiner Größe her, mit 2500 Wohnungseinheiten einer Kleinstadt gleich. Und mit Mieten – von Michael Wippold vage und unverbindlich als „erschwinglich“ angemahnt–, die nach allem, was heute bei Neubezug von Wohnungen hier in KW üblich ist, wenigstens 15,00 €, eher zwischen 17,00 – 20,00 € pro Quadratmeter betragen würden. Das ist der Bürgermeisterin und der Vizebürgermeisterin, die sich unentwegt für dieses MEGA-Projekt engagieren, gut bekannt, auch allen SVV-Mitgliedern. Dennoch wird immer wieder vor allem aus der Stadtverwaltung damit argumentiert, um Personal in Kitas, im Krankenhaus, bei der Feuerwehr usw. gewinnen zu können, das für funktionierendes Leben unserer Kommune nötig sei, wären zusätzliche
Wohnungen unerlässlich – so z. B. in Niederlehme, in Zeesen, im Königspark. Demnach müsste es sich – so meine Schlussfolgerung – um Wohnungen für mittlere Einkommensbezieher handeln (von Niedrigverdienern oder Rentnern mit geringer Rente ist hier – anders als noch vor einigen Jahren – schon gar keine Rede mehr). Das aber ist nicht der Fall, im Gegenteil. Die Mietbelastungsgrenze für diese Einkommen – sozialwisssenschaftlich werden 30% des Einkommens gefordert – wird mit den o.g. Mieten deutlich überschritten; die geplanten Wohnungen kommen folglich selbst für diese qualifizierten Berufsgruppen – und ihr Kreis lässt sich mühelos erweitern – nicht infrage, bzw. sie zögern, sich einer derartigen finanziellen Belastung auszusetzen, weil weitere, auch steigende Lebenshaltungskosten anfallen. Und der Selbstbindungsbeschluss liefert auch keine andere Aussage. Da heißt es lediglich unbestimmt: „Bei der Wohn- und Quartiersentwicklung wird eine ausgewogene soziale Mischung durch unterschiedliche Wohnformen und Gebäudetypen angestrebt.“
(Was genau soll das heißen? Was genau heißt es nicht?) Nein, eine soziale Mischung sieht anders aus und wird laut Literatur anders erreicht. Wer also würde hier künftig wohnen, wie sähe die soziale Zusammensetzung dieses großen Stadtteils dann aus? Und wie würden die dortigen Mieten – ggf. weiter steigend – sich auf die Miethöhe in der Kommune insgesamt auswirken?
Alles Fragen, die ich aus der Linken öffentlich nicht vernehme, obwohl dazu viel Gelegenheit bestanden hätte. https://www.stadtfunk-kw.de/category/ortsteile/kernstadt-kw/ Und die
Fragen gehen weiter – bis hin zur Person Petra Müller, nicht zufällig Projektleiterin der DLE für den Königspark, meines Erachtens eine Lobbyistin reinsten Wassers, mit vielfältigen Beziehungen innerhalb der Immobilienwirtschaft und in die FDP-Spitze, selbst bis in die Regierung hinein. Keine von den Ahnungslosen, wie es sie in der Stadtverwaltung und SVV zu geben scheint, wenn es um eine umfassendere Einordnung und Bewertung dieses Projektes geht.
https://www.handelsblatt.com/inside/energie-und-immobilien/baulandentwicklung-dle-verstaerkt-sich-in-der-fuehrungsetage/28668620.html
https://berlinboxx.de/bundesfinanzminister-christian-lindner-beim-kamingespr%C3%A4ch-der-liberalen-immobilienrunde-(lir)-absage-an-spekulationssteuer-ohne-begrenzung.html
Eine linke Partei, die ihren Anspruch an eine soziale Stadt/Kommune nicht aufgegeben hat, sondern ernst nimmt und Wohnen als soziale Frage, als Menschenrecht und/oder Klassenfrage auffasst, darf sich aus meiner Sicht an diesem „Wohnopoly“ (Caren Lay) in keiner Weise beteiligen, aus den Erfahrungen mit anderen linken „Sündenfälle“ lernend. Erforderlich ist eine andere Wohnungs(bau)politik, um die auch Die Linke von KW/LDS kämpfen muss. Die Befürwortung des Selbstbindungsbeschlusses als weiterer Schritt hin zur Realisierung des DLE-Projektes Königspark ist das Gegenteil davon und stärkt langfristig die Macht von Wohnungskonzernen in KW auf Kosten der Kommune. Das sollten Linke – ob Mitglied der Partei oder nicht – im Jahre 2023 wissen.
Literatur:
- Heinz-J. Bontrup: Wohnst du noch…? Immobilienwirtschaft und Mieten kritisch betrachtet. 2018
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Caren Lay: Wohnopoly, Wie die Immobilienspekulation das Land spaltet und was wir dagegen tun können 2022
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