Bürgermeisterkandidatin startet mit Frontalangriff

26. April 2021

Dr. A. Blank, Königs Wusterhausen

Gegen die eigene Verwaltung erhebt die Kandidatin öffentlich schwere Vorwürfe, ist das der Auftakt für eine neue Führungskultur?

Am Freitag dem 23. April 2021 stellten die Parteien SPD, CDU, DIE LINKE, Bündnis90/Die Grünen sowie die Wählervereinigungen Wir-für-KW und Bürger-vor-Ort gemeinsam mit den Einzelpersonen Dirk Marx und Stefan Lummitzsch die Bürgermeisterkandidatin ihrer Listenvereinigung „Bündnis 21“ auf. Das Interesse scheint gewissermassen verhalten, da nur 60 stimmberechtigte Mitglieder aller genannten Parteien und Organisationen zusammen anwesend waren.

Auf dem Sportplatz von Südstern Senzig wurde die 59jährige Michaela Wiezorek als zukünftige Bürgermeisterin von Königs Wusterhausen für die nächsten acht Jahre vorgestellt. Die Veranstaltung wurde auf Facebook öffentlich übertragen. Frau Wiezorek ist Mitarbeiterin der Stadtverwaltung und zuständig für Tiefbau sowie Grünflächen. Sie wohnt nicht in Königs Wusterhausen.

In ihrer Bewerbungsrede bezeichnete Wiezorek ihren Lebenslauf als „bunt“ und „erlebnisreich“ voller „vieler Niederlagen und vieler Versuche“. Im Herbst ’89 sei sie FDJ-Sekretärin gewesen und aus „Naivität“ in die SED eingetreten, als viele andere austraten. Damals war sie 29 Jahre alt. Sie schaffte es bis in den Landesvorstand der Berliner PDS und in die Bezirksversammlung von Marzahn. Fiel aber mit ihrer „großen Klappe“ auf. Danach gab es für die „Diplom-Ingenieurin“ unter anderem berufliche Stationen in Hamburg und Falkensee, bevor Bürgermeister Dr. Franzke sie 2016 in Königs Wusterhausen einstellte. Besagter Lutz Franzke war auch bei der Nominierungsveranstaltung anwesend. Wiezorek bestätigte in ihrer Rede Presseberichte, dass Franzke die zweijährige Probezeit von Wiezorek vor Amtsantritt von Swen Ennullat halbierte und für beendet erklärte. Offen sprach Wiezorek auch von einem Fahrradunfall im Jahr 2018, in dessen Folge sie anderthalb Jahre krankgeschrieben war. Ihr neuer Lebenspartner sei in Chemnitz zu Hause.

Zu ihren wichtigsten Zielen zählt Wiezorek die Einführung einer zusätzlichen Führungsebene im Rathaus, die mit politischen Beamten besetzt werden solle. Es soll nach ihrer Wahl bis zu drei dieser „Beigeordneten“ geben, die dem Bürgermeisteramt „gleichgesetzt“ werden sollen. Wiezorek musste einräumen, dass dies den Steuerzahler zusätzliches Geld kosten wird. Die Personalkosten mit Pensionen und zusätzlichen Sekretariaten werden sich über die Jahre auf Millionenbeträge summieren.

Swen Ennullat hatte die Stelle des bislang einzigen Beigeordneten Anfang 2019 abgeschafft. Persönliche Kompetenzen waren Ennullat schon damals wichtiger als politische Ämtersicherung. Sein Ziel waren schlanke Strukturen, fachliche Verantwortlichkeit und die Reduktion von unnötigen Kosten.

Besonders bitter werden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung die Äußerungen ihrer Kollegin zu der Arbeit im Rathaus aufgestoßen sein. Die Verwaltung müsse „gänzlich anders handeln“. Bisher sei „unrechtmäßig“ im Amt agiert worden. Zudem seien Daten aus ihrer Personalakte öffentlich zugängig gemacht worden. Viermal erwähnte sie dies in ihrer Bewerbungsrede ohne auch einen einzigen Beweis. Damit warf Wiezorek den MitarbeiterInnen der Verwaltung pauschal und öffentlich Amtsmissbrauch vor.

Öffentlich kritisierte sie auch eine Zernsdorfer Familie unter voller Namensnennung. Ihr vermeintliches Vergehen: sie reichten im Namen vieler Anwohner eine Petition zum Thema Sandstraßenausbau ein. Das Ziel der Petition: finanzielle Entlastung der BürgerInnen. Frau Wiezorek, deren dienstliche Aufgabe im Straßenausbau besteht, ist darin als Mitarbeiterin der Verwaltung zur Stellungnahme aufgefordert.

Die wichtigste Information des Abends: Der Antrag zur Einleitung eines Bürgerentscheids stammte zwar vom 4. Dezember 2020, Frau Wiezorek gab aber preis, dass sie bereits schon vorher in die Pläne des „Bündnis 21“ eingeweiht war, sie zur Bürgermeisterin zu machen. So sei sie angefragt worden, „als sich das Abwahlbegehren abzeichnete“.

Damit ist klar, die Bürgerinnen und Bürger wurden zum Abwahlentscheid im Unklaren über die bereits feststehende neue Kandidatin des „Bündnis 21“ gelassen. Loyalität gegenüber den Wählern sieht anders aus.

Damit ist auch klar, dass ein angeblicher anonymer Brief aus der Belegschaft, der Swen Ennullat diskreditierte und heftig beschädigte, neu zu bewerten ist. Denn Wiezorek sagte aus, dass sie dessen Autoren kenne. Die Vorwürfe selbst wurden längst als unhaltbar und falsch enttarnt.

Zusammenfassend stellt sich dar: Wiezorek war von Beginn an als Insiderin für das „Bündnis 21“ involviert und soll als Bürgermeisterin eine kostenintensive Anhäufung politischer Ämter durchsetzen. Ihre bewährten Mittel aus der Kultur des „Bündnis 21“ sind: Nestbeschmutzung und Denunziation.