Ein städtebaulicher Vertrag für den Königspark – eine verbriefte Sicherheit oder eine schöne Illusion im Umgang mit dem Investor?

18. November 2023

Dr. Marina Kreisel, Zeesen

Wir sind derzeit Zeugen mancher Insolvenz oder Fast-Insolvenz, die so selbst für prominente, langjährig erfolgreiche Unternehmer überraschend eingetreten ist und auch für sie eigene, unerwartete finanzielle Verluste bedeutet; ebenso schließt sie umfängliche Folgen und Unwägbarkeiten im Bereich des Bausektors ein, bis hin zu MEGA-Projekten in verschiedenen Großstädten in der Bundesrepublik, dort ggf. die ursprünglich geplante städtebauliche Entwicklung beeinträchtigend. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/adler-group-immobilien-103.html Nur ein Stichwort, hier ganz aktuell: Benko / Signa Gruppe (Holding); laut Selbstdarstellung, von vielen Akteuren in Wirtschaft und Politik noch kürzlich so ohne Wenn und Aber akzeptiert, „zählt sie zu den bedeutendsten Immobilieninvestoren in Europa und betreibt namhafte Handelsunternehmen. https://www.signa.at/de/unternehmen/ https://www.wiwo.de/technologie/wirtschaft-von-oben/wirtschaft-von-oben-236-rene-benko-bauluecke-statt-wolkenkratzer-satellitenbilder-zeigen-die-benko-misere/29489410.html?utm_source=pocket-newtab-de-de

Wie sich der Umgang zwischen der jeweiligen Kommune und dem Signa-Konzern in jüngerer Vergangenheit gestaltete, wie der Konzern seine Ziele durchzusetzen versuchte über wahlweise Druck oder /und Schmeicheln, welchen Einfluss Politiker auf Befürwortung von Signa-Projekten nahmen, welche rechtlichen Absicherungen getroffen wurden oder nicht, das deuten folgende Artikel am Beispiel von Berlin und Hamburg an, zum Teil unter Nutzung von Daten, deren Herausgabe über abgeordnetenwatch erzwungen worden sind. https://www.tagesspiegel.de/berlin/lobbyismus-am-hermannplatz-wie-der-signa-konzern-druck-auf-den-berliner-senat-macht-9556397.html https://www.abendblatt.de/hamburg/article216351819/Scholz-Elbtower-und-die-Leiden-der-SPD.html

Inwieweit sich Stadtverordnete von KW, aber auch Bürgermeisterin Michaela Wiezorek und und Vizebürgermeisterin Sylvia Hirschfeld für diese Beispiele interessieren – vor allem mit Blick auf die Entwicklung und Errichtung eines hiesigen völlig neuen, großen Stadtteils von Königs Wusterhausen gemeinsam mit der DLE und der GLB Projekt 6 S.à.r.l.–, ist mir nicht bekannt. (Immerhin hat die Bürgermeisterin für eine gewisse Zeit in der Hamburger Stadtverwaltung gearbeitet.) Mir erscheinen sie trotz mancherlei Unterschiedlichkeit gegenüber dem eigenen Projekt und seiner örtlichen Einordnung als eine Art Lehrbeispiel, auch aufzeigend, worin grundlegende Fehleinschätzungen auf der Seite von Politik und Stadtverwaltung dort bestanden bzw. womit sie dort begonnen haben. Sie zeichnen sich wohl in den Worten des damaligen Ersten Bürgermeisters von Hamburg Olaf Scholz ziemlich deutlich ab, wenn er die Realisierungssicherheit des geplanten Elbtowers im Jahre 2018 folgendermaßen betont:

„Mein weiteres wichtiges Ziel nach einem herausragenden Entwurf war es, Realisierungssicherheit für den Turm an so prominenter Stelle zu erreichen.

Wir freuen uns, dass wir mit der Signa Prime Selection, heute durch seinen Vorstand Herrn Herzberg vertreten, ein hervorragendes Immobilienunternehmen für die Finanzierung und den Bau des Elbtowers gewonnen haben. Signa Prime Selection mit einem Immobilienbestand im Wert von ca. 8,5 Mrd. Euro besitzt Prime-Immobilien wie das KaDeWe in Berlin oder das Alsterhaus in Hamburg, ein Ausdruck der Tatsache zu den besten am Markt gehören zu wollen.

Signa ist aber nicht nur Bestandshalter, sondern auch Bauherr an vielen Standorten und besitzt eine erhebliche Bürohauserfahrung; zum Beispiel werden Gebäude in Berlin und Wien gebaut. Signa hat im Immobilienbereich 200 Mitarbeiter, die auch sehr große Projekte stemmen können. Die Immobilienentwicklung Signas zeigt, dass Signa nicht nur Projekte ankündigt, sondern sie auch umsetzen kann.

Dazu gehört, dass Projekte auch finanziert werden können. Signa ist finanzstark, hat ein A+ Rating und hat Hamburg eine Garantie in der Höhe von 250 Mio. Euro abgegeben. Mit einem guten Drittel Eigenkapital lässt sich die zusätzliche Baufinanzierung durch seriöse Banken gut auf den Weg bringen. Und Signa hat einen sehr guten Ruf bei seriösen Banken.

Zur Realisierungssicherheit gehören aber auch die Sicherheit und die Bereitschaft, die Qualität des Hauses weiter zu entwickeln und zu sichern. Ich bin Herrn Herzberg und Signa dankbar, dass die Bereitschaft hoch ist, Hamburg im Rahmen des Kaufvertrages die vertraglichen Zusicherungen zu geben, die die Sicherheit geben, dass aus einem sehr guten Entwurf auch ein hervorragendes Gebäude wird.“ https://olaf-scholz.spd.de/aktuelles/detail/news/rede-zur-vorstellung-der-plaene-fuer-den-elbtower/08/02/2018

Abgesehen davon, dass die Befürworter und Befürworterinnen des Königspark-Projektes ebenfalls von der – auch finanziellen – Geeignetheit, Sicherheit des Investors /Eigentümers auszugehen scheinen – wer von den Zustimmenden aber kennt en gros oder gar en detail ihren genauen Status (außer: DLE Group als Aktiengesellschaft; S.a r.l als Gesellschaft mit beschränkter Haftung)?  Niemand. Und dennoch – Stadtverordnete und eine offenbar auch personell überforderte Stadtverwaltung sind bereit, mit diesen beiden Akteuren bezüglich der Realisierung des großen Königspark-Projektes eine Wette auf die Zukunft zu betreiben? Ja, um eine solche Wette handelt es sich doch letztlich, ob mit oder ohne städtebaulichen Vertrag, wie weiter unten zu zeigen sein wird.

Zunächst sei hier über die Vertragsart städtebaulicher Vertrag knapp festgehalten: Sie ist als ein Instrument städtebaulicher Planung nicht neu und in verschiedenen Kommunen angewendet worden, führt aber auch zu mancher Klage. http://www.stueer.business.t-online.de/aufsatz/ziekow99.pdfhttps://openjur.de/u/2342277.html  Anders als in anderen Städten und Gemeinden ist ein städtebaulicher Vertrag meines Wissens in Königs Wusterhausen bisher nicht in der Realität verwirklicht worden. Das soll nunmehr u. a. im Zusammenhang mit dem Königspark-Projekt geschehen. Und es wird von seinen Befürwortern wie Ludwig Scheetz (SVV-Mitglied, Landtagsabgeordneter, SPD) und Tobias Schröter (SPD-Fraktionsvorsitzender) als ein deutlicher Ausdruck dafür gewertet, dass inzwischen erste Schritte gegangen worden seien, aus in der Vergangenheit gemachten Fehlern zu lernen. https://playout.3qsdn.com/embed/eee9ada4-a3f1-4759-994a-4113b721f6a6. Mit den Festlegungen im städtebaulichen Vertrag sei man in Verbindung mit den (eben erst verabschiedeten) Leitlinien zur Stadtentwicklung sowie der Folgekostenrichtlinie in der Lage, das Wachstum von Königs Wusterhausen behutsam (!) zu gestalten, zu steuern und zu begrenzen. Zudem würde man sich – so die Erläuterung der Vize-Bürgermeisterin – mittels des städtebaulichen Vertrages schützen für den Fall, da es einen Rechtsnachfolger brauche. Dann und nur dann würde – so der Wortlaut in der seit wenigen Tagen vorliegenden „Rahmenvereinbarung zur städtebaulichen Entwicklung des Projekts Königspark“ – die Stadt dem Eintritt Dritter als Rechtsnachfolger in künftige städtebauliche Verträge  zustimmen, „wenn keine ernsthaften Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Rechtsnachfolger bestehen, die Rechtsnachfolger vollumfänglich in die Rechte und Pflichten der jeweiligen Verträge eintreten und die Vorgaben der vorliegenden Rahmenvereinbarung anerkennen, soweit diese ihr Grundstück bzw. die diesem zurechenbaren Anteile an der Erschließung und Infrastruktur betreffen.“ Das hört sich gut an.

Doch genau das bleibt wohl zutiefst fragwürdig, ein beträchtliches Risiko – denn verständlicherweise kennt niemand heute die zukünftigen Bedingungen, unter denen ein solcher Wechsel in der Rechtsnachfolge eintreten würde, umgesetzt werden sollte. Könnte er wirklich in jedem Falle so realisiert werden, wie es im städtebaulichen Vertrag verlangt wird? Was, wenn sich unter konkreten realen Bedingungen keine Rechtsnachfolger fänden, die das ohne jeglichen Abstrich zu tun bereit wären? Was, wenn sie unter realen veränderten Bedingungen andere, erweiterte, verschärfte, reduzierte Forderungen erheben (können) – etwa mehr Wohnungseinheiten, eine höhere Bebauung, Abstriche an der Infrastruktur – und sich eine zukünftige Stadtverwaltung und Kommunalpolitik dann zum Jasagen, zu „Zugaben“ im Sinne des Investors, zu Kompromissen auf Kosten der Kommune gezwungen sehen – um eine Fortsetzung der Bebauung zu ermöglichen? Um Stillstand oder gar Bauruinen größeren Umfanges zu verhindern? (friedliche Bedingungen in Deutschland vorausgesetzt)

Nein, hier kann trotz heutiger rechtsanwaltlicher und notarieller Prüfung wohl nicht jene Sicherheit in der Zukunft als real gesetzt werden, die in der andauernden Debatte von  Befürwortern mit Verweis auf den städtebaulichen Vertrag und seine Festlegungen behauptet wird  – und die es unbedingt braucht, um nicht in ähnliche Entwicklungen zu geraten wie andere Kommunen im o. g. Falle Benko/Signa oder Adler Group (und das nur als Spitze des Eisberges). Zudem: Aus Fehlern zu lernen ist offensichtlich mehr und anders als Stadtverwaltung und Mitglieder der SVV gegenwärtig hinsichtlich des Königspark-Projektes leisten. Ihre Vorstellung von verbriefter Sicherheit für unsere Kommune mit Hilfe o. g. Richtlinien und Verträge ist aus meiner Sicht noch immer gepaart mit viel Illusion im Umgang mit Investoren unter kapitalistischen Bedingungen.