Sehr geehrte Frau Westermann, sehr geehrter Herr Mohaupt,
ich bin Bürgerin aus Königs Wusterhausen und nutze mit meiner Familie auch deren Gastronomie. Dazu gehört „Riedels Gasthof“, dessen Eigentümer, die psd bank berlin-brandenburg, die vom zuständigen Landrat erteilte Abrissgenehmigung für „Riedels Gasthof“ realisieren will. Das ist ihr gutes Recht, aber ist auch die Absicht wirklich gut? In dieser Angelegenheit wende ich mich an Sie in Ihrer Eigenschaft als Vorstand o.g. Genossenschaftsbank.
Ich selbst war ein langjähriges Genossenschaftsmitglied in einer Berliner Wohnungsgenossenschaft und bin noch immer eine unverdrossene Befürworterin der Genossenschaftsidee. Das hängt mit dem zusammen, was Genossenschaft – unabhängig von Unterschieden im Detail – ausmacht.
„Die Kernidee einer Genossenschaft besteht darin, positive Wechselwirkungen aus dem Zusammenschluss der Mitglieder zu nutzen. Gemeinsame Ziele können so leichter erreicht werden. Bei Genossenschaften steht nicht im Vordergrund, Gewinne zu erzielen. Für Genossenschaften wesentlich ist vielmehr die Mitgliederförderung durch einen gemeinsamen Geschäftsbetrieb.“
https://www.bmj.de/DE/themen/wirtschaft_finanzen/handels_gesellschaftsrecht/genossenschaftsrecht/genossenschaftsrecht_artikel.html
In meinem Verständnis ist Genossenschaft ohne Solidarität nicht zu denken, das trotz aller Wirtschaftserwägungen und -verpflichtungen nicht.
Sehr geehrte Frau Westermann, sehr geehrter Herr Mohaupt, bisher kannte ich die psd bank berlin-brandenburg kaum (obwohl sie als beliebteste Regionalbank ausgezeichnet wurde). Das änderte sich erst in diesen Tagen, als durch Königs Wusterhausen die Kunde eilte, „Riedels Gasthof“ solle
abgerissen und dort auf dem Wassergrundstück eine Wohnanlage errichtet werden. Eigentümer: psd bank berlin-brandenburg. Da interessierte mich vornehmlich ihre Selbstdarstellung auf der Internetseite. Und sie überraschte mich nicht – eine sehr positive, Werte wie Nachhaltigkeit und soziales Engagement betonend und Unterstützung sozialer Projekte ausweisend. Das hört sich immer gut an. https://www.psd-bank.de/psd-banken/nachhaltigkeit/
Nun weiß nicht nur ich, dass sich heute in verschiedenen Bereichen kaum noch Geschäfte ohne Ausweisung derartiger Aspekte machen lassen, dass sie für die Eigenwerbung eines Unternehmens fast unverzichtbar geworden sind. (In der Bevölkerung von Königs Wusterhausen erleben wir das hier seit längerer Zeit deutlich im Auftreten der DLE, die um die Entwicklung des Königsparks zum neuen Stadtteil kämpft.) Aber ich nehme diese Werbung nicht nur hin als „Klappern gehört zum Handwerk“, als bloße schöne Folie, als schönen Schein. Nein, ich nehme Ihre Bank beim Wort und messe sie an ihrer Selbstdarstellung. Und gleich mir tun das seit dem „Gerücht über Riedels“, das eben kein Gerücht ist, besonders zahlreiche Einwohner aus unserer Kommune, aber auch darüber hinaus. Und mit Blick auf die Absicht der psd bank bezüglich Grundstück in Neue Mühle/Tiergarten steht diese Selbstdarstellung für aufmerksame, kritische Bürger in deutlichem Kontrast zum Handeln Ihrer Genossenschaft; denn in diesem Falle wird eine gut arbeitende, soziale Funktionen erfüllende Gastronomie – gerade erst ihre alte historische Wirkstätte in KW verlassen unter dem Druck eines neuen Eigentümers und in „Riedels Gasthof“ neu begonnen – per Kündigung zur kurzfristigen Aufgabe gezwungen (was auch die Vernichtung von Arbeitsplätzen einschließt). Es wird der Abriss der Gebäude (älterer und neuerer, z. T. relativ teuer in jüngerer Zeit angebaut) eingeleitet – alles, um wohl eine luxuriöse Wohnbebauung im Kontrast zu einer mehr ländlich-kleinstädtischen Umgebung zu realisieren (so die Machbarkeitsstudie von 2004, sofern sie noch aktuell wäre). Das von einer Genossenschaft, die von sich behauptet, langfristiges und nachhaltiges Handeln zu betreiben, eine Schonung von Ressourcen zum Schutz der Umwelt, ebenso soziale Verantwortung mit gemeinnützigem Engagement in der Region verbindet.
Sehr geehrte Frau Westermann, sehr geehrter Herr Mohaupt, dieser Widerspruch wird auf Ihrer Seite nicht wahrgenommen? Nur in Teilen der Bevölkerung von Königs Wusterhausen, die sehr wohl weiß, dass Ihre Genossenschaftsbank Eigentümerin ist und auf der Grundlage entsprechender
Rechte Handlungsspielraum besitzt. Doch muss man ihn ja nicht unter allen Bedingungen durchsetzen – noch dazu im Widerspruch zum verbreiteten Selbstbild Ihres Hauses?
Wie es aussieht, könnte es mit diesem beabsichtigten Projekt wohl eine Veränderung erfahren. Vielleicht gar bundesweit: In Gruppen auf Facebook ist Ihre Genossenschaft „Mode“ geworden, in der Kommunalpolitik quer durch alle Gruppen und Parteien, mittels einer Petition, in Zeitungen und im Fernsehen gibt es demnächst weitere Veröffentlichungen darüber (siehe rbb @ BLAUER BUS). Vor allem sind zahlreiche Bürger in Bewegung geraten, proben sichtbaren und hörbaren Widerstand. Sie fordern von ihrer städtischen Verwaltung und von allen Stadtverordneten nachdrücklich,die kommunale Selbstverwaltung – als hohes Gut offiziell gern gepriesen – voll auszuschöpfen. Und vor der Landtagswahl scheint da mancher aus der Kommunalpolitik, der sonst das „scheue Reh“ Investor zu hätscheln bereit war, besonders aktiv zu werden; er möchte doch keine Stimmen für die eigene Partei auf Landtagsebene einbüßen.
https://www.maz-online.de/lokales/dahme-spreewald/koenigs-wusterhausen/koenigs-wusterhausen-bank-will-riedels-gasthaus-abreissen-K2HEAJSQJNAOLPBGWVW26HDY6I.html
https://www.change.org/p/aussetzen-der-abrissgenehmigung-f%C3%BCr-riedels-gasthof-neue-m%C3%BChle?recruited_by_id=9284a400-45b8-11ef-96d6-297d78264f98&utm_source=share_petition&utm_campaign=psf_combo_share_initial&utm_term=psf_combo_share_initial&utm_medium=copylink&fbclid=IwZXh0bgNhZW0CMTAAAR3N_3fFCnyugXa7-1A3tpE1tulEkLHwj0_jJrXmqStteL40pJXMF9gAgpA_aem_7tm-7Y8OlJK1pprQ7Tx8qw
Sehr geehrte Frau Westermann, sehr geehrter Herr Mohaupt, Geschichte gilt verbreitet als offen. Vielleicht auch die eines Grundstückes, über das
aus der Sicht Ihres Hause bereits eine endgültige Entscheidung getroffen sein sollte: Abriss von „Riedels Gasthof“ und Errichtung von Wohnungen. Manchmal
bedeuten Korrekturen die besseren Lösungen.
Mit freundlichen Grüßen –
Marina Kreisel
N. B. Es erstaunt manchen, was das für ein Vertrag gewesen sein muss, der den Pächter in eine derartige Situation bringen kann.