Gemeindliches Einvernehmen versagen? – nicht in KW!

5. Dezember 2016

Priska Wollein, Stadtverordnete, Zernsdorf

In einer früheren Stadtverordnetenversammlung entschuldigte sich BM Dr. Franzke, nach seiner Haltung zum Bauprojekt der Windenergieanlagen (WEAs) im Königs Wusterhausener Gemeindegebiet gefragt, mit den Worten, er hätte keine Möglichkeiten der Einflussnahme gehabt. Ja sogar, dass er sich bei Einflussnahme strafbar machen würde.
Da wir eine sinngemäße Stellungnahme letzten Montag hörten, als in der Einwohnerfragestunde gefragt wurde, ob sich die Stadt gegen die Erweiterung der Schlachtanlage in Niederlehme engagiert hätte, möchte ich heute einmal auf die aktuelle Rechtslage hinweisen (die sich, wohlgemerkt, auf Außenbereiche nach $35 BauGB bezieht).

Ich zitiere aus einem Rechtsgutachten von RA Ulrich Werner vom 6. März 2012* (S. 8):

»… Gemeinden können die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens insbesondere auch mit entgegenstehenden Belangen des Naturschutzes oder der Landschaftspflege sowie mit immissionsschutzrechtlichen Aspekten begründen.

Die Gemeinde ist befugt, die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens mit dem Nichtvorliegen von sämtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu begründen, die in §35 BauGB geregelt sind. Der Gemeinde steht bei der Begründung des Vorliegens der planungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach §35 BauGB die identische Prüfkompetenz wie der Genehmigungsbehörde zu (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 18.1.2011 – 4 K 2455/09).«

Und weiter wird genauer definiert, was unter der Beeinträchtigung öffentlicher Belange zu verstehen ist. Dabei gibt es gleich mehrere Aspekte, die bei die Errichtung der WEAs in unserem Wald zwischen Uckley und Wernsdorf zum Tragen kamen (fett markiert):

» Beispiele aus §35 Abs. 3 BauGB:

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1. den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht (Hat die Stadt KW einen gültigen Flächennutzungsplan? Nun ja, in Teilen…)

2. den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht

3. schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,

4. unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,

5. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigen oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,

6. Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,

7. die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt,

8. die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.«

Herr Dr. Franzke, haben Sie je daran gedacht, Ihr gemeindlichen Einvernehmen zu versagen? Ganz sicher nicht! Ich sage es mit unverblümten Worten: die Auswirkungen des Windenergieparks und einer gigantischen Schlachtanlage mitten in ihrer Stadt gehen Ihnen an Hirn und Herz vorbei. Sonst hätten Sie  wohl Möglichkeiten des Handelns gehabt.

Als sich die von den WKAs Betroffenen zu einem Ortstermin mit dem RBB einfanden – Sie selbst waren persönlich eingeladen – konnten und wollten Sie das Zeitfenster von sechs Stunden nicht nutzen, um sich den Fragen der Bürger und Bürgerinnen zu stellen oder ihre Belange zu vertreten.

Aber es gibt für jeden eine zweite Chance. Und die möchte ich Ihnen hiermit ans Herz legen: Setzen Sie sich umgehend für die gleichen Bürger, denen die WEAs übergeholfen wurden  – für Ihre Bürger – ein und helfen Sie mit, die nächste Sauerei, nämlich eine Giftmülldeponie zwischen Niederlehme und Zernsdorf zu verhindern!

* Literaturangabe: 
Unerwünschte Bauvorhaben – Rechte und Möglichkeiten der Kommunen
Die Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 BauGB
– Aussenbereichsvorhaben nach § 35 BauGB –
Neuere Rechtssprechung zum Umfang der Überprüfungsbefugnis
und zur Haftung der Gemeinde
6. März 2012, RA Ulrich Werner