Ich, Bullenberg von Senzig

8. Oktober 2016

Offener Brief an die Stadtverordneten von KW, bullenbergsenzig@t-online.de

Guten Tag, sehr geehrte Stadtverordnete!

Ich, Bullenberg von Senzig, wurde vor ca. 10 000 Jahren in der Eiszeit geboren und bin über 50 Meter hoch. Auf meinem Kopf wachsen herrliche alte Kiefern.
Meine Haut ist aus Wiese und Trockenrasen. Sie ist oft rau und trocken, aber ich fühle mich wohl in ihr. Oft krabbelt es auf ihr. Dann finde ich Käfer, Schmetterlinge und vieles Kleingetier. Für die Biologen unter Ihnen: ich habe auch schon Feldehrenpreis und Lichtnelke entdeckt.

Links habe ich eine lange Narbe. Sie tut nicht weh. Sie ist schön. Kinder haben sie mir beigebracht.
Ich liebe Kinder. Sie besuchen mich oft und spielen einfach nur auf mir.

Auf meinem Fuß trampeln manchmal Pferde herum. Sie zupfen an meiner Haut. Das macht mir nichts aus. Ich hatte auch schon Brandwunden. Die verschwinden aber wieder. Meine Haut schafft das prima. 

Es gibt sehr viele Menschen hier in Senzig und Umgebung, die wollen, dass ich alter Zausel so bleibe wie ich bin. Sie finden mich schön. Sie sagen, ich gehöre hierher.

Nun möchten ganz wenige Leute, dass auf meinem Fuß eine Schule gebaut wird. Ich habe nichts gegen Schule. Schule ist wichtig. Z. B. damit Kinder lernen, dass in einer Demokratie die Regierung vom Volk ausgeht. Aber eine Schule hier auf meinem Fuß? Täglich höre ich den Lärm der Straße und sehe rasende Autos. Hier sollen Kinder in Ruhe und gefahrlos lernen können?

Und dann stelle ich mir vor, wie mein Fuß verwundet wird und meine Haare ausgerissen werden. Ich stelle mir vor, wie meine Wiesenhaut abgerissen und mit Betonhaut ersetzt wird. Dabei werde ich traurig. Gibt es denn keine andere Lösung für die Schule und mich? Nein? Dann bleibt nur meine Narbe von mir übrig. Und die ist dann hässlich.

Der Bullenberg,
bullenbergsenzig@t-online.de