Herr Ennullat, vielen Dank, dass Sie uns für ein Interview zur Verfügung stehen. Sie haben sich zum Bürgerentscheid bisher nicht öffentlich geäußert.
Swen Ennullat: Als Amtsträger unterliege ich einem Mäßigungsgebot. Es ist mir untersagt, die Abstimmungsberechtigten, also alle wahlberechtigten Bürger der Stadt, im Prozess der freien Willensbildung zu beeinflussen. Daran orientiere ich mich.
Redaktion: Dann werden wir dies auch bei unseren Fragen an Sie berücksichtigen.
Ihre Kritiker aus den Reihen der Stadtverordnetenversammlung kamen aber sehr oft in der MAZ zu Wort und haben sich öffentlich geäußert. Standen Sie für ein Interview nicht zur Verfügung, denn immerhin geht es ja um den Stuhl des Bürgermeisters?
Swen Ennullat: Es gab keine Interviewanfrage der MAZ. Was ich aber nicht als ungewöhnlich empfinde. Mein letztes Interview, das ich der MAZ gegeben habe, wurde auch nicht abgedruckt.
Redaktion: Trotzdem befinden Sie sich mitten in der heißen Phase des Wahlkampfes?
Swen Ennullat: An dieser Stelle muss ich Sie korrigieren. Wahlen zeichnen sich dadurch aus, dass die Wählerinnen und Wähler eine Auswahl zwischen mehreren Kandidaten haben. Das sagt ja bereits das Wort selbst aus. Wir sprechen hier jedoch von einem Bürgerentscheid, den zwei Drittel der Stadtverordneten per Beschluss auf den Weg gebracht hat, um mich abwählen zu lassen. Diese Stadtverordneten sagen allerdings nicht, wer meine Nachfolge antreten soll. Einen solchen Wahlkampf, noch dazu mit ungleichen Waffen, lasse ich mir nicht aufzwingen.
Redaktion: Aber die Straßen sind voll von Plakaten einer eigens dafür gegründeten Vereinigung mehrerer Parteien. Sie verteilt Flyer und wirbt im Internet. Es gibt Videos von Stadtverordneten, die Ihre Abwahl begründen. Es werden schwere Vorwürfe erhoben. Der stellvertretende Vorsitzende der SVV, Dirk Marx, spricht von 30.000 Euro, die Ihnen die AfD angeboten haben soll. Herr Georg Hanke, nicht nur Stadtverordneter sondern auch Vorsitzender des Kreistages Dahme-Spreewald und Ortsvorsteher der Kernstadt, behauptet öffentlich, Sie würden „Angst und Schrecken“ im Rathaus verbreiten.
Swen Ennullat: Ob es mir gefällt oder nicht, Wahlwerbung ist zulässig. Allerdings nur, solange Sie nicht gegen Gesetze verstößt. Und sie muss der Wahrheit entsprechen.
Das sehe ich längst nicht mehr bei allen Publikationen gewahrt. Interessant ist, dass selbst der Wahlleiter offenbar Anhaltspunkte dafür sieht. Mir gegenüber sprach er nur noch von „Wahlpropaganda“ statt „Wahlwerbung“, als ich ihm und dem Wahlausschuss Unregelmäßigkeiten mitgeteilt habe. Der Wahlleiter ist eben dafür verantwortlich, dass nicht nur die Abstimmung an sich, sondern auch die Zeit davor von offenkundigen Mängeln frei bleibt. Notfalls muss er sogar die Abstimmung absagen.
Die Behauptung einer angeblichen 30.000 Euro Spende durch die AfD habe ich schon in der Vergangenheit wegen übler Nachrede bei der Staatsanwaltschaft Cottbus zur Anzeige gebracht. Ich habe dazu eine gegenteilige eidesstattliche Erklärung abgegeben. Herrn Hanke wiederum habe ich im letzten Hauptausschuss aufgefordert, mir seine unsäglichen Vorwürfe zu belegen. Dieser Beleg blieb aus. Ich habe dann quasi an sein Gewissen appelliert.
Und ich frage mich, ob diese Gruppe von Stadtverordneten auch in Betracht gezogen hat, was passiert, wenn der Bürgerentscheid aus ihrer Sicht scheitert? Wie wollen wir dann zukünftig zusammenarbeiten? Das ist die für mich – und sicher auch für ganz viele Bürger – entscheidende Frage.
Redaktion: Das fragen uns unsere Leser auch.
Aber eine Nachfrage noch zu Georg Hanke: Wussten Sie, dass er 2017 – als Ihr Gegenkandidat – erklärt haben soll, dass man Ihnen im Fall einer gewonnenen Bürgermeisterwahl etwas anhängen wollte, um Sie dann wieder abwählen zu lassen? Der Redaktion liegen eidesstattliche Erklärungen zu seiner Aussage vor. Es hat den Eindruck, als wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen.
Swen Ennullat: Ich habe Herrn Hanke mit diesem Vorwurf konfrontiert. Das würde doch rückwirkend einige Vorgänge erklären. Er hat es mir gegenüber bestritten. Ich habe ihn gefragt, ob er bereit wäre, eine entsprechende eidesstattliche Erklärung abzugeben. Hier blieb eine Antwort aus.
Redaktion: Es gab auch noch einen anonymen Brief, der von 25 Mitarbeitern Ihres Hauses stammen soll. Er ist auf der Homepage zweier Stadtverordneter zu finden. Gegen Sie und zwei leitende Mitarbeiter werden Vorwürfe des Amtsmissbrauchs erhoben. Die erwähnte parteiübergreifende Vereinigung stellt diesen Brief in das Zentrum ihrer Attacken.
Swen Ennullat: Gegen anonym erhobene Vorwürfe kann sich niemand wehren. Aber glauben Sie, dass ich noch im Amt wäre, wenn das zuträfe, was dieses Bündnis über mich verbreitet?
Wir haben uns in der Sache mit dem Personalrat zusammengesetzt und versucht herauszufinden, ob diese Vorwürfe in der Belegschaft – immerhin mehr als 500 Menschen – irgendwo auftauchen. Das hat sich erfreulicherweise nicht bestätigt.
Und Sie haben Recht, mittlerweile werde nicht nur ich, sondern meine vier Stellvertreter und mein Pressesprecher öffentlich angegriffen. Es hat den Eindruck, dass es geht nicht nur um meine Abwahl geht, sondern um ein komplettes Austauschen der Rathausspitze. Als Arbeitgeber vertrete ich natürlich die Interessen meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gehe gegen falsche Anschuldigungen vor.
Redaktion: Ein weiterer schwerer Vorwurf aus den Reihen der Stadtverordneten der CDU: Sie hätten versucht, einem Mitarbeiter der Stadt ein Grundstück zu verschaffen, indem Sie den Erbbaupachtzins herabgesetzt hätten.
Swen Ennullat: Grundstücksgeschäfte sind nicht öffentlich. Ich kann also hier auch nichts zu Inhalten sagen. Nur so viel: Ein jeder kann am Bieterverfahren einer öffentlichen Ausschreibung teilnehmen. Ich kenne die Namen der Bieter nicht. Auch nicht in diesem konkreten Fall. Zuschlag erhält das höchste und nicht das niedrigste Gebot. Die Entscheidung fällt die Stadtverordnetenversammlung und nicht der Bürgermeister. Die Vorsitzende der SVV und ein weiterer Stadtverordneter hatten übrigens bereits im letzten Sommer vollständige Akteneinsicht in diesen Vorgang. Das war in der Zeit, als mir die Vorsitzende unrechtmäßig ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen hatte.
Redaktion: Außerdem hätten Sie von der WKW, einer städtischen Gesellschaft, eine Spende für den Athletic Club, bei dem Sie Mitglied sind, zur Durchführung des Stadionfestes verlangt. Das sind die Worte der CDU auf ihrer Webseite.
Swen Ennullat: An der Wärmeversorgungsgesellschaft WKW hat die Stadt nur eine Minderheitsbeteiligung. Das müssten die CDU-Stadtverordneten wissen. Ich kann gar nichts »verlangen«. In der Vergangenheit war die WKW einer der Hauptsponsoren des Stadionfestes. Nur zu diesem Zweck, eine Tradition wiederzubeleben, haben wir einen eigenen gemeinnützigen Verein gegründet. Und Ja, ich würde mich freuen, wenn die Geschäftsführung der WKW einen entsprechenden Sponsoringvertrag abschließt. Egal, wie groß die Unterstützung wäre. Ohne Spenden und Sponsoren können wir das Stadionfest nicht durchführen. Toll wäre, wenn alle Sponsoren aus der Region kämen.
Redaktion: Bei all dem Druck und den heftigen Vorwürfen wirken Sie erstaunlich ruhig. Wie machen Sie das? Vielleicht sind Sie ja in acht Tagen abgewählt?
Swen Ennullat: So schlimm das klingt, in den letzten dreieinhalb Jahren musste ich mich an einen sehr schroffen Umgang mit einigen Akteuren im politischen Geschehen gewöhnen. Die jetzige Intensität übertrifft aber alles an Bösartigkeit, was ich mir vorstellen konnte. Ob auf „Fuck Ennullat“-Aufklebern in der Stadt, bei der Hetze in sozialen Medien oder den üblen Behauptungen in stadtweit verteilten Flyern. Muss man das alles wirklich widerstandslos ertragen? Denkt überhaupt noch jemand von diesem Bündnis darüber nach, dass ich auch Kinder habe, die sogar in der Schule darauf angesprochen werden? Meine große Bitte an die Menschen in den politischen Ämtern ist: Finden wir zu einer sachlichen Debatte zurück, lassen Sie uns über Sachthemen auf Augenhöhe diskutieren und hören Sie auf, die Entwicklung der Stadt zu blockieren.
Die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger am 7. März heißt es abzuwarten. Ich mache meine Aufgabe aber sehr gerne und möchte die begonnene Amtsperiode zum Wohle der Stadt zu Ende führen.
Redaktion: Vielen Dank, Herr Ennullat.