Königspark | Offener Brief an die Bürgermeisterinnen

11. Oktober 2023

Dr. Marina Kreisel, Zeesen

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Wiezorek, sehr geehrte Frau Vize-Bürgermeisterin Hirschfeld,

auf Grund der Aktivitäten von SVV und Stadtverwaltung können wir Bürgerinnen und Bürger per livestream jede SVV-Sitzung verfolgen, dafür danke ich an dieser Stelle ausdrücklich; denn das ist längst nicht überall in den Städten und Gemeinden der Bundesrepublik üblich, obwohl auf derartige Weise Transparenz erleichtert wird. In der Sache. Und im Agieren von Stadtverwaltung und der SVV mit ihren individuell unterschiedlichen, dort ehrenamtlich tätigen Mitgliedern.

Wir alle können auch einen weiteren Vorteil dieses Angebots nutzen; uns die jeweilige Sitzung erst später ansehen, sie bei Bedarf mehrmals wiederholen, sie ggf. unter bestimmten Aspekten analysieren. Diesem Bedürfnis bin ich bezüglich der SVV-Sitzung vom 25.09.23 nachgekommen und habe mir einzelne Gesprächsabschnitte – teilweise stark emotional verlaufend (auch in Reaktion auf unwirsche Äußerungen von anwesenden Einwohnern) – sehr genau betrachtet. Mein besonderes Interesse gilt dabei der Frage, wie solide, wie verlässlich, wie überzeugend Ihre Aussagen, Ihre Argumente erscheinen hinsichtlich der Einordnung und Begründung von Stadtentwicklung und ausgewählten Projekten (hier Königspark, Möllenzugsee). Aber ebenso, was ich dabei vermisse. Das alles sei hier kurz skizziert.

Sie, sehr geehrte Frau Wiezorek, bleiben wieder sehr allgemein, wenn Sie auf Kritik von Einwohnern zur Stadtentwicklung antworten. Da heißt es beispielsweise:

„Wir können alles so lassen, wie es ist. Dann reden wir zukünftig über eine aussterbende (!!!) Stadt. […] In die Zukunft zu schauen ist eine der wichtigsten Verantwortungen, die die Stadtverordneten und die Stadtverwaltung gemeinsam für die Stadt haben. Sich dessen bewusst zu sein, dass es darum geht, das Beste in ihrer Entwicklung zu machen […]“.

Lassen wir wirklich alles, wie es ist? In einer Kommune, in der an vielen, vielen Stellen seit Jahrzehnten Veränderungen erfolgen? Und was soll das konkret heißen: aussterbende Stadt Königs Wusterhausen? Und was ist das Beste? Woran wird das festgemacht? Worauf stützen sich diese Aussagen, derartige Aussagen? Immer wieder auf Belege in Form von Ihnen angeführter Beispiele: Das sind der Feuerwehrmann, der eine Wohnung sucht, der Pfleger aus dem Krankenhaus, Erzieherinnen, Lehrer, der Klinikchef, Unternehmer, die fehlendes Personal nicht ohne Wohnung bekommen. Jegliche Zahlen unterbleiben in Ihren Ausführungen. Auch das Mantra BAUEN, BAUEN, BAUEN (selbst mit dem Zusatz preiswerte Wohnungen) lässt offen, welche quantitativen und qualitativen Angaben es umfasst und woraus sie sich nachweisbar ableiten?

In Wildau – wie Königs Wusterhausen Teil des Wachstumskerns „Schönefelder Kreuz“ und zugleich Mittelzentrum in Funktionsteilung – liegt zum Thema Stadtentwicklung seit 2021 die „Infrastrukturstudie Wildau. Untersuchung und Bewertung der Stadtentwicklung Wildaus in Szenarien“ (Endfassung 2021, Sachstand 2020) vor. https://www.wildau.de/Infrastrukturstudie-PDF-980864.pdf. Auf fast 100 Seiten sind darin wichtige Analysen und Einzelstudien enthalten; sie sind z. T. bereits in den den Jahren zuvor erarbeitet, fortgeschrieben, aktualisiert worden, kennzeichnen Probleme und weisen eine Vielzahl von Daten differenziert aus – aus unterschiedlichen Bereichen der Kommune, eingeschlossen ihre Bezüge zu Nachbarn, dem Landkreis.
„Ziel der Studie ist es, mittels Darstellung unterschiedlicher Wachstumsszenarien und deren Auswirkungen auf die Infrastruktur der Stadt Wildau, eine Diskussion im kommunalpolitischen Raum anzustoßen, die im Idealfall in einer Konsensentscheidung über das verträgliche Wachstum der Stadt für einen Zeithorizont von zehn Jahren mündet.“ (S. 4) Sie führt zu Handlungsempfehlungen. Auf dieser Basis lassen sich Entscheidungen zur Stadtentwicklung anders treffen als ohne sie.

Auch in Königs Wusterhausen existieren Studien zur Stadtentwicklung, aber anders als die o.g. Wildauer Studie liegen sie bisher nur als Einzelstudien vor. Zu ihnen gehört die „Wohnungspolitische Umsetzungsstrategie (WUS) Stadt Königs Wusterhausen“ (2017), verabschiedet von der vorherigen SVV, die personell zum Teil von der derzeitigen SVV abweicht. https://cdn0.scrvt.com/d19207df10fc2c2113c58b2103007ce0/bf814c50774e46d8/cae8a1b816dc/171027_KW_Wohnungspolitische-Umsetzungsstrategie_Bericht.pdf Die Studie ist seitdem – auch mit Blick auf das Projekt Königspark – nicht fortgeschrieben worden, zumindest nicht offiziell. Aber sie enthält differenzierte, wichtige Angaben zum Wohnungsbestand in der Kommune, zu Eigentumsverhältnissen und ihren Proportionen im Wohnungsbereich (privat, kommunal, genossenschaftlich), zum Wohnungsbedarf, zu Wohnungsbaupotenzialen, zur Altersstruktur in KW, zu Pendlerzahlen (steigend) usw. Was davon gilt weiter, was davon ist nicht mehr aktuell? Hat diese Studie, haben ihre Zahlen in der Begründung des DLE-Königspark-Projektes eine Rolle gespielt, das auch hinsichtlich der künftig vorgesehenen Eigentumsverhältnisse auf dem Wohnungsmarkt von KW, der Wohnraumgrößen? Immerhin wird auf der Basis der ermittelten Daten zur realen Situation 2017 auch in der Studie „Fortschreibung des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (INSEK) Stadt Königs Wusterhausen 2040 “ u. a. als ein Handlungsbedarf angegeben: “Erhalt, Sicherung und Neubau preisgünstiger Wohnraumangebote im Bereich im Bereich der 1-und 2-Raumwohnungen bzw. kleinerer Einheiten“ (S.43).https://cdn0.scrvt.com/d19207df10fc2c2113c58b2103007ce0/4f5a428087e9b8b1/1413534dfcec/170914_KW_INSEK_Bericht.pdf

Sehr geehrte Frau Wiezorek, sehr geehrte Frau Hirschfeld, wenn Sie sich den Verlauf der Debatte um den Aufstellungsbeschluss Möllenseezug ansehen – ein weiteres Beispiel für Stadtentwicklung in Königs Wusterhausen unter komplizierten Bedingungen – , können Sie zufrieden sein, auch über Ihr Agieren als Stadtverwaltung? Mit Ihren Antworten bzw. Nichtantworten auch auf Fragen von Stadtverordneten? Ich bin es nicht, das liegt allerdings vielleicht an mir als Laie – auf mich wirken sie nicht ausreichend klar, nicht widerspruchsfrei, nicht verständlich genug, auch jene Aufregung auslösend, die nicht nur innerhalb Niederlehmer Bürger eingetreten ist und über ein etwas anderes Handeln Ihrerseits vermutlich ein wenig reduzierbar gewesen wäre. Und damit es rechtlich keinen Fehler gibt und über den Aufstellungsbeschluss am 11.10. 23 nun auch wirklich abgestimmt werden kann, muss auf den letzten Metern in der Debatte am 25.09.23. korrigierend eingegriffen werden: vom Stadtverordneten Dr. Jablonski, Jurist.

So gesehen – die in KW gewählte technische Lösung könnte mithelfen, nicht nur Transparenz zu befördern, sondern vielleicht auch Anspruch und Qualität von Debatten / Erörterungen positiv beeinflussen. Ich sehe das als Gewinn für uns alle.

Mit freundlichen Grüßen –
Marina Kreisel