Königspark-Projekt

4. Dezember 2018

Priska Wollein, Stadtverordnete KW

Ein Redebeitrag von Priska Wollein in der Stadtverordnetenversammlung am 3. Dezember 2018

An die einreichenden Fraktionen:

Sie verkaufen den Menschen hier eine Vision – oder sollte ich sagen, eine Illusion? Einige Architektenzeichnungen und die entsprechenden Worte dazu reichen, um den Eindruck zu erwecken, eine prosperierende, grüne und ökologische Zukunft stünde KW mit dieser Trabantenstadt bevor. Was Sie aber nicht sehen, und was nirgendwo dargestellt wird: 10.000 Menschen bedeuten viel mehr als nur ein grünes Dach auf dem Kopf – wenn sie sich dieses denn überhaupt leisten können!

Seien Sie ehrlich…

– Wohin gehen diese 3000 bis 5000 Menschen zur Arbeit? Nach KW?
– Wie kommen sie zu den Stoßzeiten überhaupt an ihre Arbeitsstelle? Der Verkehrskollaps wegen BER am Schönefelder Kreuz ist heute schon vorprogrammiert. Die Züge nach Berlin sind heute schon vollkommen überfüllt. KW hat bereits an die 12.000 Auspendler!
– Wieviele Kindergärten und Schulen braucht es für 3.000 Kinder? Was, wenn die»versprochenen« Einrichtungen nicht ausreichen, der Investor sich aus den Verpflichtungen ganz verabschiedet? Dann ist die Stadt – und nur die Stadt! – in der Pflicht, die Misere zu beheben.
– Wer sorgt für Kapazitäten bei Krankenhaus, Feuerwehr, Wasserversorgung, Freizeit- und Sozialeinrichtungen? Der Investor?
– Wann endlich darf sich die Stadt um ihre VORHANDENE Bürgerschaft kümmern, über die reinen Pflichtaufgaben von Kitas und Schulen hinaus?

Solche Fragen müssen geklärt werden, bevor ein Grundsatzbeschluss – der womöglich dem Investor völlig falsche Hoffnungen macht! – getroffen wird. Es hat bereits intensive Diskurse in KW zum Wohnraumkonzept gegeben, da tauchte ein solches Szenario an keiner Stelle auf – aus gutem Grund! Es gab und gibt nämlich diesen hier beschriebenen »Bedarf« nicht und keinen einzigen Grund, warum KW solch eine Zusatzstadt bräuchte! Wir haben Grundsatzbeschlüsse zur Wohnraumentwicklung gefällt, wir haben ein INSEK, wir haben einen Flächennutzungsplan erarbeitet. Mit der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

Was Sie hier vorhaben, ist das Gegenteil: Sie übergehen die handelnden Kräfte in dieser Stadt, Sie übergehen die Bürgerschaft und scheren sich einen Teufel um den am meisten betroffenen Ortsteil Diepensee mit seinem Ortsbeirat. Sie hören sich in den Ausschüssen unsere Einwände an, und »ZIEHEN TROTZDEM IHR DING DURCH«.

Und keiner weiss, warum! Keiner weiss, warum diese Hast und dieser mit aller Gewalt forcierte Durchmarsch von SPD, LINKE und WFKW! Wir hatten noch nie einen Antrag mit solcher Reichweite und Bedeutung für KW auf dem Tisch. Es gibt keinen einzigen Grund, dass man dieses Vorhaben vorschnell und Hals über Kopf durchboxt. Also unterlassen Sie es, allein kraft ihrer Noch-Mehrheit in diesem Haus, uns allen ihren Willen aufzuzwingen OHNE unsere Meinung zu kennen!

So, und jetzt komme ich noch zu ein paar Details, die mir bei meiner Suche nach Wahrheit ins Auge gefallen sind:

PUNKT 1:
– Stichwort Vonovia – es soll ja eine Pressemitteilung kursieren, die beteuert, dass sich die SOLWO bereits wieder von der BUWOG/Vonovia abgewandt hätte, meiner Fraktion ging diese nicht zu. Doch wenn es nicht eine Buwog oder eine Vonovia ist, so muss es doch ein anderer finanzmarktgetriebener Investor sein, der solch ein Milliardengeschäft nur stemmen kann!

Daher und mit Blick auf die LINKE, insbesondere auf den nicht anwesenden Justizminister:

Ihnen ist bekannt, dass eine Studie der LINKE aus Bundestag, Abgeordnetenhaus und Landtag** von August 2018 gibt, die auf 92 Seiten UN wie Vonovia analysiert und zu dem Ergebnis kommt (ich zitiere den Schlusssatz):
»Da wir in Deutschland aber weit von einem staatlich finanzierten Wohnungsbau im öffentlichen Eigentum als einzige sinnvolle Gegenmaßnahme zur Wohnungsnot entfernt sind, können privatwirtschaftlich, lediglich auf maximale Gewinne ausgerichtete und finanzmarktgetriebene Wohnungsgesellschaften wie die Vonovia SE, …, weiter ihr gesellschaftlich destruktives Business betreiben.«

PUNKT 2:
– ich zitiere Hr. Senol Ince im Tagesspiegel: „Wir wissen, dass die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung unsere Pläne positiv sieht. Nur der neue Bürgermeister ist dagegen. Sein Vorgänger (Lutz Franzke, SPD) hat uns auf Knien gebeten, Wohnungen zu bauen, was wir ursprünglich gar nicht in großem Stil vorhatten.“ Die Stimmung im Rathaus von Königs Wusterhausen und insbesondere die der Stadtverordneten sei für Solwo entscheidend. Ince ist sicher, dass der Bürgermeister mit seiner ablehnenden Haltung allein steht.«

Herr Ince beruft sich dabei auf eine Mehrheit in der SVV, wohl wissend, dass diese im Moment NICHT das politische Verständnis in der Bevölkerung widerspiegelt. An anderer Stelle (Bullenberg) benutzt die SPD-Fraktion gerade die Stimmung der Bevölkerung, um Beschlüsse in ihrem Sinne zu widerrufen, hier ist der SPD die Stimme der Bevölkerung egal? Ja, denn sie holt sie nicht einmal ab, sondern schafft Tatsachen!

PUNKT 3:
– Sind die sieben Mitglieder der SPD-Fraktion eigentlich schizophren? Das Programm der SPD selbst sagt:
Zitat (hier im Original >click<):
• Die SPD setzt sich für eine wachsende Stadt ein, aber in einem überschaubaren und verkraftbarem Maß.
• Bei der Ausweisung neuer Flächen für den Wohnungsbau sollen die Flächen nach Innen verdichtet und die Versiegelung in den Randgebieten gebremst werden.
• Es darf keinen Massenwohnungsbau geben, der unseren städtischen Wohnungsmarkt überfordert und den Bestand unserer städtischen Gesellschaft gefährden könnte, sondern eine dem Bedarf angepasste moderate Entwicklung des Wohnungsneubaus.

Dieses überschaubare und verkraftbare Maß hat die SPD gemeinsam mit allen Gremien der Stadt festgeschrieben. Sie können es alle nachlesen, im INSEK, in der städtebaulichen Verpflichtungserklärung. Dieses Maß wird bereits in jeder Hinsicht erreicht, wenn nicht übertroffen.
Allein die momentan in Planung oder Umsetzung befindlichen Wohnbauprojekte umfassen mehr als 2.500 Wohneinheiten für mehr als 5000 Einwohner, die der Wobauge noch nicht mal mitgerechnet!* Wenn, dann brauchen wir stadteigenen Wohnraum, um den Markt sozialverträglich zu gestalten! Dann muss die WoBauGe dazu ertüchtigt werden, die Stadt ermächtigt werden, Grundstücke zu kaufen und die Flächen müssen durch die stadteigene Gesellschaft entwickelt werden.

Fühlen Sie sich nicht ihren damaligen Wählern verpflichtet? Haben Sie vor der Einbringung dieses Beschlusses ihre Wähler befragt, was die von Ihrer 180-Grad-Wende halten? Das Königsparkprojekt jedenfalls ist Ihren Versprechen aus 2014, die heute noch auf Ihrer Webseite stehen, in jeder Hinsicht diametral entgegengesetzt.

PUNKT 4:
– Die SOLWO muss sich als fähiger Partner erst einmal beweisen, indem sie sich an bereits getroffene Vereinbarungen hält – beim Bau ihrer bereits genehmigten 280-300 Wohnungen. Warum nicht abwarten, bis eine Erschließung erfolgt ist und eine Kita, eine Lärmschutzwand stehen? Bis wir sehen, wo die Wohnungspreise liegen, die dort erwirtschaftet werden? DAS könnte uns helfen, in die Solwo Vertrauen zu fassen. Denn bislang ist Senol Ince eher bekannt als »einer, der Luxuslofts verkauft..« (Zitat aus einer RTL-Reportage).

Ich schließe mit dem Appell an die Einreichenden, die Beschlussvorlage zurückzuziehen und in sich zu gehen, wie man mit der Zukunft von KW maßvoll und anständig umgehen möchte. Vertreten Sie ihre eigenen Einwohner und nicht die Interessen anderer Gemeinden, Investoren oder gar Bundesländer!

 

Ein paar Zahlen und Zitate:
*Allein die bereits verabschiedeten Wohnbauprojekte = 2.500 WE >>> entspricht konservativ 5.000 EW mehr für KW, nicht eingerechnet die Projekte der WoBauGe und des privaten kleinräumigen Wohnungsbaus.

** Prof. Bontrup, August 2018
Finanzinvestor mit angeschlossener Immobilienwirtschaft
Gutachterliche Stellungnahme zur Vonovia SE

Gutachten im Auftrag der Fraktionen
DIE LINKE. im Bundestag
DIE LINKE. im Abgeordnetenhaus von Berlin
DIE LINKE. im Hessischen Landtag
*** LINKE (Zitat): »Diese Arbeitskräfte, so die Aussage des Flächenentwicklers vom Funkerberg, kommen nicht aus Königs Wusterhausen, sie werden von den Unternehmen umgesiedelt.«