Mein Beitrag zum Haushalt: objektiv, aber nicht meinungsfrei.

11. Februar 2020

Priska Wollein, Stadtverordnete, Fraktion UBL/UFL

Vorab: Man wird hier keine wertenden oder emotionalen Äußerungen finden, davon haben wir nun reichlich gehabt, nur: wenn viele dasselbe sagen, wird es nicht wahrer, so wie in der gestrigen SVV behauptet.

Es geht hier also ausschließlich um die Darstellung der unterschiedlichen Rechtsauffassungen und der daraus resultierenden Handlungsspielräume AUS MEINER PERSPEKTIVE (ich bin keine Juristin):

1.
Ist ein Änderungsbeschluss ein eigenständiger Beschluss?

Abweichend von dem Kommentar der Kommunalaufsicht ist der Bürgermeister der Rechtsauffassung, dass jeder Beschluss (ergo auch ein Änderungsbeschluss bzw. eine Abstimmung über einen Änderungsantrag) als solcher zu behandeln ist und daher auch vom BM beanstandet werden kann (bzw. im konkreten Fall aus seiner Sicht beanstandet werden MUSS).

Dazu das »Rundschreiben zur Erläuterung der Kommunalverfassung und zur Vorbereitung der Kommunalwahl 2008« des Ministerium des Innern von Brandenburg:
4.3.5 Beschlüsse
Die Begriffe „Beschlüsse“, „Abstimmungen“ und „Wahlen“ werden in § 39 BbgKVerf klar voneinander abgegrenzt. Danach ist „Beschlüsse“ der Oberbegriff. Beschlüsse kommen gemäß §39 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf durch Abstimmungen oder Wahlen zustande.

Und zur Ergänzung §39 BbgKVerf
Beschlüsse
(1) Beschlüsse kommen durch Abstimmungen oder Wahlen zustande.(…)

Eine weitere Überlegung dazu: wenn es richtig sein sollte, dass der Änderungsbeschluss integraler Bestandteil der Haushalts ist und daher nur der Haushalt als Ganzes Gegenstand der Beanstandung sein kann, dann hätte im logischen Schluss die Beanstandung des Änderungsbeschluss implizit die Beanstandung des gesamten Haushaltes zur Folge. Und dieser Sachverhalt müsste dann von der Kommunalaufsicht eben so gesehen werden. Eine Einlassung in der Sache seitens der Kommunalaufsicht ist bis heute nicht erfolgt.

2.
Die Beanstandung durch den BM ist fristgemäß und begründet erfolgt. Da nach seinem Ermessen und seiner Erkenntnis der Beschluss nicht rechtskonform gefasst wurde, musste er diesen nach §55 beanstanden. Er hatte hier (immer der Logik folgend aus Punkt 1!) keinen Ermessensspielraum, insbesondere wenn seine Mitarbeiter ihm bereits die Gründe für mangelnde Konformität des Antrags dargelegt hatten und darüber diskutiert worden war. Er kann zu diesem Zeitpunkt nicht mehr so tun, als gäbe es nichts zu beanstanden.

Dazu § 55 Beanstandung
(1) Der Hauptverwaltungsbeamte hat Beschlüsse der Gemeindevertretung zu beanstanden, wenn er der Auffassung ist, dass sie rechtswidrig sind. (…)

3.
Eine Beanstandung eines Beschlusses hat aufschiebende Wirkung, d.h. der Beschluss ist schwebend unwirksam. Das bedeutet: ein unwirksamer Beschluss kann gar nicht in den Haushalt aufgenommen werden – und daher musste der Haushalt zwingend in der vorgelegten Form vorgelegt werden, denn sonst hätte man einen »falschen« Haushalt vorgelegt..

Dazu § 55 Beanstandung (1) – …Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung.
Nach der erneuten Beanstandung hat der Hauptverwaltungsbeamte unverzüglich unter Darlegung der unterschiedlichen Rechtsauffassungen die Entscheidung der Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der Gemeinde herbeizuführen, ob der erneute Beschluss rechtswidrig ist. Die Entscheidung muss durch die Kommunalaufsichtsbehörde unverzüglich, spätestens aber innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten nach Kenntnis aller für die Entscheidung erheblichen Tatsachen getroffen werden.

Diese Entscheidung (wohlgemerkt in der Sache, nicht in der Rechtmässigkeit der Beanstandung!) ist meines Wissens noch nicht erfolgt. Es gibt dazu keine Kontaktaufnahme durch die Kommunalaufsichtsbehörde mit dem Bürgermeister, ja noch nicht einmal eine Eingangsbestätigung.

Wie geht es also weiter?

In Bezug auf die Rechtmässigkeit der Beanstandung handelt es sich um divergierende Rechtsauffassungen von Kommunalaufsicht und Bürgermeister bzw. seiner Verwaltung, die nur über den Rechtsbehelf (Widerspruchsverfahren, ggf. richterliche Entscheidung) entschieden werden können. Nicht jedoch durch ein Gremium wie die SVV, erst gar nicht durch den Kreistag und eben auch nicht durch die Kommunalaufsicht. Sie alle haben dafür nicht die Deutungshoheit.

Falls im Ergebnis des Verfahrens der Änderungsbeschluss zum Haushalt seine (rückwirkende!) Gültigkeit entfaltet (indem die Beanstandung des Bürgermeisters zurückgewiesen wird), erfolgt eine rein »formale« und »automatische« Änderung des Haushaltsplanes.
Der Änderungsbeschluss wäre in diesem Moment bestandskräftig und dann unmittelbar wirksam. Dann – und erst dann – könnte er im Haushalt auch monetär abgebildet werden.

Worüber regen Sie alle, meine Damen und Herren, sich also so außerordentlich auf?

Was Sie hingegen wünschen:
Durch Beschluss der SVV sollte der BM einen seiner Meinung nach nicht zulässigen und nicht bestandskräftigen (Änderungs-) Beschluss in den Haushalt aufnehmen und in dieser Form der Kommunalaufsicht vorlegen (Dies entspricht auch der Auffassung der SVV-Vorsitzenden, die darin der Auffassung der Kommunalaufsicht folgt).

Damit wäre er jedoch möglicherweise juristisch belangbar, denn er unterliegt ja § 55.