an den Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg
Herrn Dr. Dietmar Woidke
Heinrich-Mann-Allee 107
14473 Potsdam
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
ich bin Vater dreier minderjähriger Kinder und lebe mit meiner Familie in Königs Wusterhausen. Meine Kinder besuchen kommunale Kindertageseinrichtungen und ich engagiere mich als Eltemvertreter. Auch beruflich fühle ich mich als Leiter eines Brandenburger Jugendamtes in besonderem Maße den Bedürfnissen und Interessen von Kindern und jungen Eltern verpflichtet.
Auf der Stadtverordnetenversammlung meiner Heimatstadt wurde am 27.02.2017 eine neue Kitasatzung für die städtischen Einrichtungen beschlossen, die für einen Großteil der Eltern mit Kostensteigerungen einhergeht. Entgegen anderslautender Zusagen im Vorfeld hatten die Eltemvertreter keine Mitspracherechte bei der Erstellung der Satzung. So hätten wir uns gefreut, unsere Ideen bspw. hinsichtlich flexiblerer Angebotsformen oder Beitragsfreiheiten einbringen zu können.
Zu letztgenannten Punkt machte der Bürgermeister, Herr Dr. Franzke (SPD), dann aber im öffentlichen Teil der Sitzung Ausführungen. Er will sich mit seiner Verwaltungsleitung ernsthaft über die Möglichkeiten einer Beitragsfreistellung für Krippen-, Kita- oder Hortkinder auseinandergesetzt haben. Im Ergebnis seiner Abwägungen entschied er sich aber dagegen. Ausschlaggebend dafür soll ein Treffen mit „wichtigen Landesvertretem des zuständigen Ministeriums“ gewesen sein. Ich musste davon ausgehen, dass Herr Dr. Franzke das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport meinte.
Dieses Treffen soll Mitte November 2016 – also während des Erstellungsprozesses unserer Satzung – stattgefunden haben.
Diese „Landesvertreter“ sollen unserem Stadtoberhaupt Beitragsfreistellungen regelrecht untersagt und im Weigerungsfall Konsequenzen in Aussicht gestellt haben. Weil der Bürgermeister „das gute Verhältnis mit den Fachressorts des Landes“ nicht „aufs Spiel setzen“ bzw. „nicht den Kredit des Landes verspielen“ wollte, schieden jegliche Beitragsfreistellungen aus seiner Sicht deshalb aus.
(Die Freien Wähler hatten wegen der guten finanziellen Situation der Stadt ein beitragsfreies Vorschuljahr und deutliche Kostenreduzierungen bei Geschwisterkindern vorgeschlagen.)
Wegen der Ungeheuerlichkeit dieser Einlassungen habe ich mich deshalb an Herrn Minister Baaske (SPD) gewandt. Eine Antwort aus dessen Haus liegt mir dankenswerter Weise mittlerweile vor. Demnach bestünden dort über „ein solches Treffen oder eine solche Kommunikation keinerlei Kenntnisse“. „Solcherart Eingriffe“ würden aber dem Land auch „weder zustehen noch gutgeheißen werden“. Eine Meinung, die ich vollumfänglich teile.
Ich habe am 08.05.2017 Herrn Dr. Franzke auf der öffentlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung mit der Aussage des Ministers konfrontiert. Der Bürgermeister hält an seinen Einlassungen jedoch fest und spricht nun von „einem vertraulichen Gespräch mit hochrangigen Vertretern der Landesregierung“. Weitere Konkretisierungen lehnte er ab.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, können Sie ein solches Gespräch bestätigen? Haben Mitglieder der Landesregierung solche Aussagen getätigt und damit auf Entscheidungsprozesse des Hauptverwaltungsbeamten unserer Kommune Einfluss genommen?
Bislang ging ich aufgrund der entsprechenden Presseberichterstattung und Ihrer eigenen Interviews davon aus, dass die Landesregierung das Vorhaben der Beitragsfreiheit für den Besuch von Kindertageseinrichtungen nun aktiv unterstützt und nicht alles daran setzt, diese zu verhindern.
Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass der Justizminister des Landes Brandenburg, Herr Stephan Ludwig (DIE LINKE), stellvertretender Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung Königs Wusterhausen ist.
Sie werden gebeten, mir den Eingang des Schreibens zu bestätigen.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.
Hochachtungsvoll, Swen Ennullat