So geht also Wahlkampf in Königs Wusterhausen
Überall, wo sich Demokratien für so demokratisch halten, dass sie glauben, sie brauchten keine Kontrolle mehr, entwickeln sich diktatorische Strukturen. Wer aber kann das wollen?
Man lese und staune: Ein SPD-Kandidat, der von einer »unabhängigen Wählergemeinschaft« (Wir für KW) unterstützt wird, ja sogar eine Fraktion bildet mit einer Gruppierung, deren Vorsitzender Mitglied der LINKEN ist – dabei aber auch noch eine »Kooperation« mit der CDU betreibt; eine gemeinsame Kandidatur von Grünen und LINKE; eine Frau, die als Mann für die FDP antritt und noch kürzlich Fraktionsvorsitzende der LINKEN war… – Politik in KW lief und läuft immer schon etwas anders ab, als sich der unbefangene Bürger das vorstellen kann.
Dies zeigt nur zu deutlich: es geht den etablierten Parteien in diesem Wahlkampf vor allem um eines: dass alles so bleiben möge, wie es ist. Ob nun ein Herr Perlick (CDU) Bürgermeister wird oder ein Herr Hanke (SPD) unter ihm, macht ja nicht den Unterschied. Im Gegenteil: das hatten wir in Königs Wusterhausen immer schon so. Daher finden auch gemeinsame Fraktionsbesprechungen der beiden Schwergewichte SPD und CDU statt, wo man seine Positionen miteinander abstimmt und nach außen hin vertritt. Da werden ein paar Wochen vor der Wahl Koalitionen gegründet, die auch mich sprachlos lassen: Wir für KW – angetreten und gegründet unter anderem zur Durchsetzung einer Politik zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger und zur Kontrolle des Verwaltungshandelns – geht eine Fraktion mit der SPD ein, um künftig unter einem SPD-Bürgermeister möglicherweise mit Reimann den Vorsitzenden der SVV zu stellen.
Und die Opposition? Das Korrektiv? Die Hinterfragenden? Da müssen wir schon mal genauer hinsehen: es gibt zwei Abgeordnete der AFD, die wir beinahe nie bei einer öffentlichen Äußerung vernehmen konnten, und es gibt einen Abgeordneten der Piraten, der ebenfalls noch nicht stimmlich vernehmbar wurde und daher können wir leider auch nichts über deren politische Arbeit bekunden. NPD – wer war das noch? In KW nicht sichtbar, aber angeblich vorhanden.
Schlussendlich – Von der LINKEN muss man eigentlich nicht reden, denn die braucht in Königs Wusterhausen keine eigene Meinung – auch wenn sie sogar manchmal einen Justizminister in ihren Reihen in der SVV sitzen hat. Denn sie ist sowieso meist mit der SPD einig, die ja wiederum mit der CDU… na, Sie wissen schon. Friede, Freude, Eierkuchen. Und das darf ruhig weiter so bleiben aus der Sicht der Eintopf-Parteien.
Wer also steht dann noch dafür, unbequeme Fragen zu formulieren – und klare Antworten auf die Fragen der Bürger zu geben? Nachvollziehbar und sachlich im Sinne der Bewohner unserer Stadt zu agieren? In jeder Beziehung ehrlich zu sein – im Umgang mit Mitarbeitern, Bürgern und ihren Steuergeldern? Dazu braucht es keinen politischen Eintopf, dazu braucht es politische Auseinandersetzung, das Gewichten von Argumenten, sachliche und fachliche Diskurse, Opposition. Viele bleiben da nicht übrig, und mir fallen im Moment nur zwei Einzelkämpferinnen ein, die auch etwas zu sagen haben… Birgit Uhlworm für die UFL und Priska Wollein, parteilos, beide SVV-Mitglieder.
Denn überall, wo sich Demokratien für so demokratisch halten, dass sie glauben, sie brauchten keine Kontrolle mehr, entwickeln sich diktatorische Strukturen. Wer aber kann das wollen?
Autorenfoto: (c) SAH-Photo Simone Ahrend