Wie dreist ist das denn?

31. Juli 2017

Priska Wollein, Bürgerin von Königs Wusterhausen, Mitglied der SVV, Gründungsmitglied der Freien Wähler KW
Antworten auf Michael Reimann (*)

Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß… Ja, Herr Reimann, in Ihrer Rolle als Verwandlungskünstler sind Sie wirklich unübertroffen! Erst bei der Linken ausgetreten, passte nicht mehr so ganz das Programm – aber nur halb, denn in der europäischen Linken und in Marzahn scheint das Programm ja noch in Ordnung, dann als schönes Blendwerk eine Bürgerbewegung gegründet, die angetreten ist, um das Verwaltungshandeln zu überprüfen und dem Bürgermeister ein Korrektiv entgegenzustellen. Diese angebliche Bürgerbewegung diente aber wohl letztlich nur dazu, keinen anderen »Keim« an Bewegung unter den Menschen hier sprießen zu lassen, der es ernst meinen könnte mit Kritik, Veränderung und Wandel in dieser Stadt und in dieser Politik.

Der Coup ist Herrn Reimann auch gut gelungen, damals zur Kommunalwahl 2014. Ich selbst bin, na sagen wir mal drauf reingefallen und dachte, dass es bei der Wählergemeinschaft um Themen und Inhalte ginge… voll engagiert, fand ich mich mit einigen Genossen (das Wort haben die Linken sicher nicht geschützt, oder?) nach 2,5 Jahren wieder »draußen«. Stein des Anstoßes: Unbeliebte Meinungen und Menschen sollten ausgeschlossen werden (bzw. deren Aufnahme im Nachhinein entgegen allem Anstand abgelehnt werden), ich war im Vorstand damals und wollte unehrliche und scheinheilige Machenschaften nicht dulden. Einige akute Themen, die mir besonders am Herzen liegen (insbesondere Umwelt, Lebensraum und Tierschutz betreffend), wurden damals schon unter den Teppich gekehrt, ausgesessen oder auch mal ein Antrag im letzten Moment zurückgezogen. Im Nachhinein ist vieles klarer – ein Vorsitzender einer Bürgerbewegung, der mit vollen Segeln zur Regierungspartei (SPD) übersetzt, hat ganz sicher immer schon alles darangesetzt, ebendieser Partei beziehungsweise einem System zuzuarbeiten.

Die Wählerinnen und Wähler, die bei den Kommunalwahlen »Wir für KW« gewählt haben, taten dies in erster Linie, um eine Kontrolle des politischen und Verwaltung-Handelns in KW zu erreichen, um Steuerverschwendung und Fehlentscheidungen auf die Schliche zu kommen – und nicht, damit in einer einzigen Eintopf-Koalition von SPD-CDU-WIRFÜRKW-LINKE hier in KW alles so bleibt, wie es ist.

Dies also nenne ich Wählerbetrug! Michael Reimann warf mir übrigens genau das Gleiche in aller Öffentlichkeit vor – vor einem Jahr, als ich mit dem Erkennen dieser Manöver „Wir für KW“ verließ und mein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung behielt, um meinem Wählerauftrag treu zu bleiben. Ein Glück. Damit ist der SVV zumindest ein Sitz einer echten Opposition erhalten geblieben.

Ob sich unsere Stadt KW so erfolgreich entwickelt hat in den letzten 25 Jahren, wie Herr Reimann schreibt, ist doch eher eine Frage der Perspektive. Wenn man an einer Sandstraße wohnt, die in schlimmerem Zustand als eine Piste in Namibia im Hinterland ist, wenn man seine Ausbildung nicht zu Ende bringen kann, weil man fürs Kind keinen Kitaplatz bekommt, wenn man tagtäglich den Gestank von Wiesenhof ertragen muss oder das Brummen von bis zu 100 LKW aus dem Tanklager vor der Haustür, wenn man ganz allein auf weiter Flur steht im Kampf gegen unsinnige Windkrafträder im Wald, wenn man einen Millionenschweren Hafen mitten im Herzen der Stadt dahindümpeln sieht, wenn man sich das Schauspiel einer Stadtverordnetenversammlung ansieht… ja dann hat man vielleicht eine andere Perspektive von »Erfolg«.

Und dass nun zwei Personen von Wir für KW bei der SPD einen Sinneswandel bewirken könnten –  das grenzt ja schon fast an Größenwahn. Ich zitiere: »Fraktion und SPD in KW teilen unsere Auffassung, dass unsere Stadt dringend einen neuen Politikansatz braucht, der ihre Entwicklung komplex vorantreibt und nicht, wie bisher, mal hier und mal dort Entwicklungen isoliert vorantreibt.« Da frag ich mich doch völlig konsterniert: »neuer Politikansatz«? – Durch den Austausch eines SPD-Genossen durch einen anderen, der immer schon Teil desselben Systems war und alles mitgehört, mitgewusst und mitgetragen hat? Und dann noch »Entwicklung der Stadt komplex vorantreiben«? Warum denn nicht mal einfach, ehrlich und direkt vorantreiben? Komplex hatten wir jetzt mehr als 8 Jahre, das wurde alles so komplex behandelt, dass wir nun ohne ausreichend Schulen, Kitas, Gemeinschaftshäuser, Feuerwehren etc. dastehen. Dafür mit noch immer annähernd 50km Sandpisten.

Herr Reimann will uns nun also eine breite Allianz schmackhaft machen, das ist schon absurd… es ist nämlich die Rede von derselben Allianz derer, die in den letzten Jahren den Karren im Sand haben stecken lassen! Die Allianz einer SPD mit Mehrheit im Stadtparlament, die bislang den Bürgermeister (Franzke) und den SVV-Vorsitzenden (Hanke) stellte, die einer CDU, die den Kämmerer (Perlick) stellte und die einer angeblichen Bürgerbewegung Wir für KW, die alle echten Alternativen inklusive grüner Bewegungen absorbierte und kaltstellte.

In einem stimme ich mit Reimann und seinem Artikel daher vollumfänglich überein (ich zitiere): »Wir meinen daher, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann und soll!«

Bei seinem »Angebot« eines Bonners, der für die Probleme vor Ort keine Augen und Ohren hat, und eines Pfennigzählers, der nicht den Mund aufbekommt, könnte ich mich jedenfalls nicht entscheiden. Chancen, sich unter Beweis zu stellen, hatten diese beide Kandidaten in ihren Funktionen reichlich. Nur haben sie es eben nicht geschafft. Warum sollten sie es nach dem 24.9. schaffen? Nenne einer ein vernünftiges Argument. Nein, es geht um etwas ganz Anderes: es geht darum, alle Vorgänge und Muster in der Verwaltung von KW so zu belassen, wie es ist. Zu viel wäre aufzudecken, zu viel liegt im Argen, dass man nun das Feld einem »Fremden« überlassen könnte. Noch dazu einem, der ganz richtig konsequent aufklärt und Ehrlichkeit in seinem Wahlprogramm führt!

Ja richtig, Sie meinen Herrn Swen Ennullat. Der nicht nur Polizist, sondern Kriminalrat war, der Verwaltungsrecht studiert und seinen Master darin erworben hat, der ein großes Amt im Nachbarkreis Teltow-Fläming leitet und neben drei eigenen Kindern auch Vormund für etwa 100 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ist. Der überdies die Verwaltung von KW fast zwei Jahre lang von innen kannte und von vielen Angestellten heute noch mit freundlichem Handschlag begrüßt wird… soso, also ein »abgedienter Schlaphut-Polizist« ist Herr Ennullat, ist das nicht Diffamierung in Reinform, Herr Reimann?

(*) Beitrag von Reimann in GT am 29. Juli 2017