Wiezorek in Zernsdorf

23. Juni 2021

Familie Almus, Zernsdorf

Nachbetrachtung der Wahlkampfveranstaltung der Bürgermeisterkandidatin Michaela Wiezorek vom „Bündnis 21“ in Zernsdorf am 21.06.2021

Grundsätzlich finden wir Wahlkampfveranstaltungen von Bürgermeisterkandidaten in den Ortsteilen in „kleinem Kreise“ sehr gut. Da hat man als Bürger/-in eine reelle Chance, Fragen stellen zu können. Dass sich Frau Wiezorek gleich von vier „Bündnis 21“-Stadtverordneten „unterstützen“ ließ und die Veranstaltung von der Ortsvorsteherin Schwitalla (ebenfalls „Bündnis 21“) moderiert wurde, war jedoch kontraproduktiv.
Ob das aus unserer Sicht unglückliche Setting beabsichtigt war, um der Kandidatin einen Heiligenschein zu verpassen, sei dahingestellt, Ergebnis war, dass die Zuhörer von der Sonne geblendet wurden und die Akteurin kaum sehen konnten.
Selbstverständlich hatten wir uns auch mit den Vorstellungen der Bürgermeisterkandidatin Wiezorek hinsichtlich der Zukunft unserer Stadt zuvor auseinandergesetzt. Wird sie mehrheitlich zur Bürgermeisterin gewählt, ist sie schließlich auch unsere Bürgermeisterin, unabhängig von unserer individuellen Wahlentscheidung. Neben den Interviews bei Hitradio SKW und durch den Jugendbeirat (übrigens eine bravouröse Leistung des Interviewers!) und der „KW-TV-Runde“ haben wir uns auch mit der Website https://www.ja-zu-michaela.de/ beschäftigt.

Unsere Frage hinsichtlich der vorzunehmenden, zum Teil seit vielen, vielen Jahren überfälligen Bauinvestitionen an Frau Wiezorek lautete kurz und bündig:
„Wie viele Millionen € werden erforderlich sein, wenn Sie alle Baumaßnahmen umsetzen, die Sie jetzt unter „Michaela KONKRET“ versprechen? Welche Prioritäten setzen Sie?“ 
Dazu zitierten wir aus „Michaela KONKRET“:
Senzig: Neubau eines „Schulcampus“ am Bullenberg (Allein die Anlage dort kostet rund 5 Mio. € mehr als in der Ringstraße, das Gelände muss noch käuflich erworben werden/Kaufpreis unbekannt, die Regen-Entwässerungsproblematik dürfte der am Funkerberg entsprechen/Kosten der Entwässerungsanlage unbekannt, die Bebaubarkeit im Landschaftsschutzgebiet ist völlig ungeklärt.) 
Zernsdorf: Neubau/Erweiterung des „Schulcampus“
Niederlehme: Neubau/Erweiterung der Grundschule
Montessori-Schule: Erhalt der Montessori-Schule (Ex-Bürgermeister Ludwig/Die Linke hatte bis einschl. 2024 eine Miete in Höhe von nur 2,45 €/qm vertraglich fixiert, zurzeit wären rund 10,00 €/qm erzielbar. Aus Steuermitteln wird die Privat-Schule also seit 2008 subventioniert, obwohl nur die Hälfte der Schülerschaft aus KW stammt und die Stadt selbst Schulgebäude benötigt. Genaue Zahlen über die Subventionshöhe sind nicht öffentlich zugänglich.)
Kernstadt: Neubau eines „Schulcampus“ am Funkerberg (?) mit Grund- und Oberschule (obwohl das Gelände wegen der Entwässerungsproblematik für eine Feuerwehrwache angeblich zu teuer ist?)
Hortbereiche: Sie müssen bei jeder Schulplanung angemessen „berücksichtigt“ werden, d. h. die Schulgebäude müssen wesentlich größer werden, als für den „reinen“ Unterrichtsbetrieb erforderlich wäre.)
Kita: Neubau in Wernsdorf, Neubau „Klein & Groß“, Bedarfsanalyse mit ggf. weiteren (zu erwartenden) Neubauten
Sport und Jugend: Neubau eines „Hauses des Sports“ (wo auch immer) und eines „Hauses der Jugend“ (wo auch immer), Sanierung vorhandener Jugendeinrichtungen (Frau Wiezorek war als Fachbereichsleiterin 2016 zu Beginn ihrer Tätigkeit nach eigenem Bekunden im Jugendbeirat-Interview „entsetzt“ über den Zustand vieler Jugendeinrichtungen!)
Kultur: Die Bürgerhäuser „Hanns Eichler“ und in Zernsdorf müssen saniert und den heutigen Erfordernissen angepasst werden. Neubau einer zentralen „Stadthalle“ für KW (wo auch immer).
Feuerwehr: Neubau der Wache in Wernsdorf, Neubau einer Wache in der Kernstadt, Neubau einer Wache in Zeesen.

Die Bürgermeisterkandidatin Wiezorek konnte trotz Wiederholung unserer Frage leider überhaupt keine Aussage zur geschätzten Höhe des Investitionsvolumens machen, das mit Sicherheit weit mehr als 200 Mio. € umfasst. Sie hat offensichtlich auch keine Vorstellungen hinsichtlich einer Reihenfolge der oben genannten Baumaßnahmen, denn ihre Antwort, die Priorität einer Investitionsmaßnahme gehe ja schließlich aus der jeweils geltenden Haushaltssatzung hervor, ist inhaltlich sinnlos.
Fazit: Die Liste der unabdingbaren und der zusätzlich wünschenswerten Investitionen aus „Michaela KONKRET“ ist eine Liste des Versagens und der schweren Versäumnisse der Ex-Bürgermeister Ludwig/Die Linke und Dr. Franzke/SPD und der Vorgänger-Stadtparlamente mit ihren Stadtverordneten aus SPD, CDU, Die Linke und „Wir für KW“, die ja zum Teil auch heute weiterhin unserem Stadtparlament angehören. Dass unsere Stadt als „Mittelzentrum“ im „Speckgürtel“ Berlins wachsen würde, war auch ohne BER und ohne Tesla unschwer vorhersehbar, wurde jedoch in den letzten zwei Jahrzehnten konsequent ignoriert.
Statt unsere Steuergelder für eine sinnlose Stadthafenerweiterung, eine super-teure, aber fehlkonstruierte Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die Dahme, für einen überteuerten, aber viel zu kleinen Rathaus-Neubau, für eine überteuerte, aber dysfunktionale „Umgestaltung“ des Bahnhofplatzes usw. zu „verballern“, wären rechtzeitige Investitionen in die soziale Infrastruktur unter Berücksichtigung des erwartbaren und dann ja auch eingetretenen Bevölkerungswachstums erforderlich gewesen. Ludwig und Franzke und die Stadtverordneten der „großen“ Volksparteien haben zwei Jahrzehnte lang ihre Hausaufgaben nicht gemacht. An diesem Sachverhalt ändert sich nichts dadurch, dass sich genau diese Parteimitglieder heute „Bündnis 21“ nennen und von einem „Neustart“ träumen. „Michaela KONKRET“ müsste aus unserer Sicht „Michaela wünscht sich was“ oder –richtigerweise– „Bündnis 21 wünscht sich was“ heißen. Die Feststellung der Frau Wiezorek, „Es sei ja alles in der Pipeline, nur Herr Ennullat habe drei Jahre lang die Umsetzung verhindert.“ ist schlicht Unfug: Zwischen der Entscheidung, zum Beispiel eine notwendige Kita oder eine Schule bauen zu wollen, und der fertigen Übergabe des Gebäudes vergehen (je nach Problemlage) rund sechs bis zehn Jahre. Wären 2012ff. zukunftssichere Planungen vorgenommen und entsprechende SVV-Mehrheits-Entscheidungen gefällt worden, wäre die „Michaela KONKRET“-Liste heute schließlich ganz kurz.

Sandstraßen-Problematik
Mehrere Fragen von Zernsdorfern an die Bürgermeisterkandidatin beschäftigten sich mit dem 90 %-Kostenanteil der Anwohner zur Beseitigung der nach heutigem Maßstab „unbefestigten“ Sand-Anliegerstraßen. Schließlich sind gerade in Zernsdorf die heutigen Straßenverläufe vor 100 Jahren geplant, dann gebaut, mit Straßenbäumen versehen und seitdem als Straßen genutzt worden. Natürlich spiegelten sich in diesen Fragen inhaltlich auch die seltsam weltfremden Äußerungen des Landtagsabgeordneten/Stadtverordneten Scheetz/SPD im Landtag wider.
Frau Wiezorek wiederholte leider lediglich die unsinnige Behauptung, durch eine nach heutigen Maßstäben neu erbaute Straße würde sich der Wert der Anlieger-Immobilie deutlich erhöhen, weshalb die Anwohner auch 90 % der Kosten zu tragen hätten. Zudem müsse man grundsätzlich immer dem Bau von Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen Vorrang einräumen, ehe man aus Steuermitteln den Bau von Anwohner-Straßen (mit-)finanziere (siehe dazu oben!).
Dann „unterstützte“ Herr Scheetz seine Bürgermeisterkandidatin und verteidigte seine Landtagsäußerungen zu den „Erschließungsbeiträgen“. Immerhin: Er hat dazu gelernt und sieht nun auch das Problem, dass vor allem ältere Anlieger durch die immens hohen und weiterhin extrem steigenden Straßenbaukosten finanziell völlig überfordert werden könnten. Sowohl Frau Wiezorek als auch Herr Scheetz wollen sich mit diesem Problem „beschäftigen“.
Frau Wiezorek und die sie „unterstützenden“ Stadtverordneten des „Bündnisses 21“ verwiesen mehrfach darauf, dass die Anwohner den Bau ihrer Anwohnerstraße schließlich kostengünstiger selbst organisieren und durchführen lassen könnten.
Fazit: Bau und Instandhaltung aller kommunalen Straßen sind grundsätzlich eine der vielen kommunalen Grundversorgungsaufgaben der Daseinsfürsorge. Die Unterscheidung, ob es sich um eine „Straße mit höherer Verkehrsbedeutung“ oder um eine „Anwohnerstraße in Randgebieten“ (Äußerung des Herrn Scheetz im Landtag) handelt, ist daher inhaltlich absolut unsinnig. Jede neu gebaute Straße ist/wird Eigentum der Kommune und erhöht ihr Anlagevermögen zu Lasten der Anwohner, die 90 % der horrenden Baukosten, also den gesetzlich möglichen Höchstanteil, bezahlen sollen. In vielen anderen Brandenburger Gemeinden ist dieser Anteil deutlich geringer.
Der wiederholte Hinweis der Bürgermeisterkandidatin Wiezorek und ihrer „Bündnis 21“-Stadtverordneten, die Anwohner sollen sich doch „selbst“ um den Bau ihrer Straße „kümmern“, ist sachlich eine Zumutung:
In unserer Stadt leben 30 Jahre nach der Wende (!) immer noch rund 8.000 bis 10.000 Menschen an Sand-Anwohnerstraßen in einem unsäglichen und gefährlichen Zustand. Das sind Bürger unserer Stadt, sie zahlen – wie alle anderen Bürger mit Einkommen – Einkommenssteuern. Sie zahlen zusätzlich Monat für Monat Grundsteuern für ihre Immobilie. Sie haben Grunderwerbssteuern beim Erwerb ihrer Immobilie, Gebühren für den Anschluss ihres Grundstückes an das Wasser- und Abwassernetz, Stromnetz usw. bezahlt. Wie jeder andere Bürger haben sie folglich Anspruch auf eine beleuchtete, den heutigen Anforderungen entsprechende und ungefährlich benutzbare Straße. Die Äußerungen des MdL/Stadtverordneten Scheetz/SPD zu sog. Anwohnerstraßen sind geradezu abwegig.
Wie beim Kita- und Schulbau haben die Ex-Bürgermeister Ludwig und Dr. Franzke und mit ihnen die damaligen und heutigen Stadtverordneten der SPD, CDU, Die Linke und „Wir für KW“ auch die erforderlichen Investitionen in die kommunale Verkehrsinfrastruktur unterlassen. In anderen Brandenburger Kommunen, z. B. in Bestensee/Vordersiedlung, kann man sehen, was möglich gewesen wäre, wenn man sich „gekümmert“ hätte.
Die Erfahrungen vieler Mitbürger mit der für den kommunalen Straßenbau seit Ende 2017 zuständigen Fachbereichsleiterin und jetzigen Bürgermeisterkandidatin Wiezorek sind leider durchweg negativ: Weder sind Bemühungen erkennbar, den Straßenbau durch eine geeignete Vorgehensweise für die Anwohner kostengünstiger zu gestalten, noch ist sie hinsichtlich der Art und des Umfanges eines Straßenbaus gesprächsbereit. Vielmehr werden den Anwohnern von einschlägigen Planungsbüros erstellte Baukonzepte schlicht „übergestülpt“, Fragen und Anregungen der Anwohner werden in aller Regel „abgeschmettert“ oder schlicht ignoriert.
Zudem: Es steht nach unseren Erfahrungen zu befürchten, dass die Bürgermeisterkandidatin überhaupt keinen Überblick besitzt, in welcher Höhe jährliche Investitionen erforderlich sind, um alle kommunalen Straßen zeitgemäß zu befestigen und instand zu halten.

Umstrukturierung der Stadtverwaltung in Dezernate und künftiger Personalbedarf
Natürlich wurde Frau Wiezorek auch hinsichtlich ihrer Vorstellung von drei neuen, von „Headhuntern“ zu rekrutierenden Dezernenten/Beigeordneten und hinsichtlich des zukünftigen Personalbedarfs befragt. Inhaltlich plausible Antworten waren leider nicht zu erhalten.
Fazit: Unstrittig war lediglich, dass eine wachsende Stadt mehr Verwaltungspersonal benötigt. Das weiß man natürlich auch als „Otto Normalbürger“. Weder war die Bürgermeisterkandidatin in der Lage, schlüssig zu begründen, weshalb drei neue Dezernate trotz bestehender „Fachbereiche“ geschaffen werden sollen, noch konnte sie überzeugende Vorstellungen zum künftigen Personalbedarf der Stadtverwaltung darlegen. Die Fragen, wo denn neue Rathaus-Mitarbeiter/-innen ihren Arbeitsplatz haben werden, da das (fehlgeplante) Rathausgebäude ja seit langem schon viel zu klein ist, und welche Kosten durch zusätzliches Personal zukünftig entstehen werden, konnte die Bürgermeisterkandidatin noch nicht einmal ansatzweise beantworten. An diesem Sachverhalt änderte auch ihr Hinweis nichts, dass KW ohnehin einen Beigeordneten haben müsste, wenn die Einwohnerzahl in einigen Jahren die 40.000-Grenze übersteigt.

Gesamtbeurteilung der Wahlkampf-Veranstaltung: 

  • Wir haben bei der Bürgermeisterkandidatin Wiezorek keine schlüssigen und tragfähigen Vorstellungen hinsichtlich der Lösung der vielen bestehenden, virulenten Probleme unserer Stadt feststellen können. Visionen sind ja „gut und schön“, aber wie sich Frau Wiezorek den Weg zur Erreichung dieser Fernziele vorstellt, konnten wir der Wahlkampf-Veranstaltung nicht entnehmen.
  • Die Kandidatin hat fast unser Mitleid, denn sie sieht sich mit den Folgen all der kommunalpolitischen Versäumnisse der Mitglieder der großen Volksparteien im jetzigen und in den früheren Stadtparlamenten konfrontiert. Da das „Bündnis 21“ selbst offensichtlich keine tragfähigen, vermittelbaren Lösungsideen hat, hat deren Kandidatin sie auch nicht.
  • Für den Menschen Wiezorek wäre es besser gewesen, nicht für das Amt des Bürgermeisters zu kandidieren.