Zuschauerkritik zur Brandenburg Aktuell Sendung vom 8. Januar 2018

9. Januar 2018

Ein Brief von Wolfgang Almus an den RBB

Sehr geehrte Mitglieder der Redaktion,

der rbb war in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung Königs Wusterhausen am 08.01.2018 zugegen und berichtete sowohl über den Abwahlantrag des Beigeordneten/stellvertretenden Bürgermeisters als auch über die geplante Kita im Ortsteil Zernsdorf der Stadt Königs Wusterhausen (Link: http://mediathek.rbb-online.de/tv/Brandenburg-aktuell/Brandenburg-aktuell-vom-08-01-2018/rbb-Fernsehen/Video?bcastId=3822126&documentId=48996602).

Leider lässt Ihr Beitrag zu beiden Tagesordnungspunkten jegliche Objektivität vermissen und/oder die zugrunde liegenden Recherchen waren völlig unzureichend. Ich hatte auch Ihnen mehrfach Mails mit Anlagen zum o. g. Kita-Vorhaben übersandt, die es Ihnen eigentlich unschwer ermöglicht hätten, sich vom Zernsdorfer Kita-Projekt ein objektives Bild zu machen und objektiv zu berichten. Die Mails haben Sie offensichtlich ignoriert, was ich im Sinne einer objektiven Berichterstattung höchst ärgerlich und problematisch finde.

Zur Vorgeschichte der Zernsdorfer Kita:
Über Jahre haben der Bürgermeister Dr. Franzke und das Stadtparlament den durch den erfreulichen Zuzug junger Familien mit Kindern entstehenden Kita- und Schulplatzbedarf im Stadtgebiet (vor allem in Zernsdorf) ignoriert. Kommunaler Legislative und Exekutive waren z. B. eine unsinnige Hafenerweiterung, der Bau eines neuen Rathauses, die Gestaltung des Bahnhofumfeldes und der Bau eines neuen Gemeinschaftshauses im Ortsteil Kablow leider viel wichtiger, als sich um so nebensächliche Tatbestände wie Kita- und Schulplätze zu kümmern.

Erst in seiner letzten Amtswoche legt der (Gerade-noch-)Bürgermeister Dr. Franzke der Stadtverordnetenversammlung am 09.10.17 eine Beschlussvorlage vor, mit der Bau und Betrieb einer geplanten Zernsdorfer Kita einem freien Träger übertragen werden sollte. (Nach meiner Kenntnis war einziger Interessent dafür die AWO, deren Beisitzer im AWO-Regionalverband fast ausschließlich aus SPD-Mitglieder bestehen, z. B. dem Stadtverordneten Herrn Scheetz.) Weder war die Eilbedürftigkeit des Kita-Baus quantitativ belegt noch die Übertragung von Bau und Betrieb der Kita an einen freien Träger über 30 Jahre mit Zahlen wirtschaftlich begründet. Trotzdem folgte das Stadtparlament dieser durch keinerlei Fakten begründeten Beschlussvorlage des Dr. Franzke (Anhang 1).

Gegen diesen Beschluss des Stadtparlamentes richtete sich unsere Rechtsaufsichtsbeschwerde beim Landrat vom 12.10.17 (Anhang 2). Gerade die Begleitumstände, die sich um die AWO-Kita Am Kirchplatz ranken, sind äußerst merkwürdig (Anhang 3). Insgesamt werden Bau und Betrieb der AWO-Kita Am Kirchplatz (auf einem kommunalen Grundstück!) auf jeden Fall für den Steuerzahler ein teures „Geschäft“: Rund 2,2 Mio. € Baukosten stehen „Mietkosten“ von mehr als 4 Mio. € für die Stadt gegenüber, sicher zu erwartende Mietsteigerungen nicht eingerechnet.

Aufgrund unserer Rechtsaufsichtsbeschwerde musste das o. g. verfahrensfehlerhafte Verfahren erneut in die parlamentarischen Beratungen, nun aber unter Einbeziehung des Ortsbeirats Zernsdorf. Sie lassen in Ihrem Beitrag nun ausgerechnet Herrn Scheetz (SPD) und Herrn Reimann (Mitglied bei den Linken in Berlin, Sprecher von „Wir für KW“) zu Wort kommen, die über den rbb unwidersprochen verbreiten dürfen, dass der neue Bürgermeister „alle alten Beschlüsse der letzten acht Jahre hinterfrage“, „sich als Untersuchungsgremium empfinde“ und es deshalb zu Verzögerungen bei der geplanten Kita komme. Das ist sachlich schlicht falsch. Herr Ennullat ist jedoch für Verzögerungen bei der geplanten Zernsdorfer Kita keineswegs verantwortlich, sondern vielmehr sind es der ehemalige Bürgermeister Dr. Franzke und das Stadtparlament (siehe Beschlussvorlage von Dr. Franzke).

Denn: Eine „Wirtschaftlichkeitsberechnung“ mit Datum vom 06.09.17 (also aus der Franzke-Zeit!) zur Übertragung von Bau und Betrieb der Zernsdorfer Kita an einen freien Träger (=AWO?!) wurde erst Ende November vorgelegt (Anhang 4). Dieses Zahlenwerk ist kompletter Unfug (Anhang 5), was ich sowohl der SVV in Form einer Petition als auch Ihnen (mit der Bitte um Unterstützung!) begründet mitgeteilt hatte.

Herr Ennullat hingegen hat der SVV in den wenigen Wochen, die er im Amt ist, einerseits quantitativ begründet, weshalb die Zernsdorfer Kita in kürzest möglicher Zeit errichtet werden muss (Anhang 5). Andererseits hat er zeitgleich nach Möglichkeiten gesucht, wie baulich die Zeitdauer der Kita-Errichtung verkürzt werden kann, darüber auch bereits mit dem Landratsamt gesprochen und der SVV eine Kita in „Modulbauweise“ vorgeschlagen, samt einer Wirtschaftlichkeitsberechnung noch Anfang Dezember (Anhang 6). Trotzdem verweigerte eine Mehrheit der SVV am 11.12.17 ihre Zustimmung dazu und verwies die Kita-Angelegenheit zurück an den Ortsbeirat und zwei Fachausschüsse. Begründung: „Die SVV müsse den sparsamen Umgang mit Steuergeldern überwachen.“ Dass die SVV genau das nicht getan hat am 09.10., war ja der eigentliche Anlass für unsere Rechtsaufsichtsbeschwerde. Nur so konnte der völlig unbegründete Franzke-Unsinn (Bau und Betrieb der Kita durch einen freien Träger) , den die SVV „abgenickt“ hatte, gestoppt werden.

Nun endlich hat die SVV heute, am 08.01., endlich beschlossen, dass der längst überfällige Bau der Zernsdorfer Kita angegangen werden kann.
Ihre Berichterstattung würdigt leider in keiner Weise, mit welchem Engagement sich Herr Ennullat für die geplante Zernsdorfer Kita eingesetzt hat und dass einige Mitarbeiter/-innen der Verwaltung auf ihren Urlaub zum Jahreswechsel verzichtet haben, um ihm zuzuarbeiten. Das ist nicht fair gegenüber dem neuen Bürgermeister und seinen Mitarbeitern/-innen.

Auch Ihre Berichterstattung zum Abwahlantrag des Beigeordneten lässt Objektivität vermissen. Richtig ist, dass der Abwahlantrag mit 19 gegen 8 Stimmen abgelehnt wurde. Eindeutig tendenziös ist hingegen der Kommentar Ihrer Reporterin Malter, es seien hauptsächlich Vertreter der AfD und der FDP gewesen, die dem Abwahlantrag zugestimmt hätten. Richtig ist: In der SVV sitzen lediglich je zwei Vertreter der AfD und der FDP, also maximal 4 von 8 Stimmen. Herrn Ennullat mit der AfD in Beziehung zu setzen, halte ich für schlicht unverschämt.

Zur Sache selbst: Der Beigeordnete ist zusammen mit dem Ex-Bürgermeister Dr. Franzke dafür verantwortlich, dass aktuell nicht nur in gravierendem Umfang Kita- und Schulplätze fehlen, sondern auch Steuergelder in Millionenhöhe „verbraten“ wurden/werden für Rathausneubau, Hafenerweiterung, Rad-Parkhaus, Gemeinschaftshaus in Kablow etc. etc. Es ist nicht erkennbar, dass der Beigeordnete Perlick irgendeine Einsicht in seine Fehler der Vergangenheit zeigt. Zudem: Ist eine Ehe zerrüttet, wird sie nicht dadurch wieder „gekittet“, wenn man die Ehepartner zwingt, zusammen zu bleiben. Genau das macht aber nun die SVV mit Herrn Ennullat und seinem Stellvertreter.

Das o. g. Abstimmungsbild der SVV zeigt lediglich, dass sich die überwiegende Mehrheit der Stadtverordneten nicht mit dem fulminant hohen Wahlergebnis von Herrn Ennullat abfinden kann, während die Partei-Kandidaten allesamt grandios „durchgefallen“ sind. Das ist traurig für die Stadt und die Bürgerschaft von Königs Wusterhausen. Bis zur nächsten Kommunalwahl wird vermutlich die Blockadehaltung der SVV andauern. Dann wird man sehen, was die Wahlbürger davon halten.

Ich erwarte trotzdem von Ihnen als öffentlich-rechtlichem Sender, dass Sie Ihre Berichterstattung in den nächsten Tagen in „Brandenburg Aktuell“ richtig stellen, und empfehle Ihnen zukünftig, mehr Sorgfalt bei Ihren Recherchen aufzuwenden.