Anhörung Wahleinspruch Katharina Ennullat, 10. Mai 2021

13. Mai 2021

Anmerkung der Redaktion: Einwendern des Bürgerentscheides wurde in der Stadtverordnetenversammlung, die über die Einsprüche entschied, der Vortrag ihrer Stellungnahmen verwehrt, denn ihnen wurden nur 3 Minuten Redezeit zugestanden. Angesichts dessen, dass es für den Bürger schwierig ist, sich umfassend zu informieren, wollen wir einen Beitrag leisten und veröffentlichen die uns zur Verfügung gestellten Dokumente im Wortlaut.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

zum Bürgerentscheid am  7. März 2021 erfolgten durch mich zwei Wahleinsprüche, am 10. März 2021 und am 28. März 2021, also nach der Sitzung des Wahlausschusses am 11. März 2021, weil die Wahlleiterin dem Wahlausschuss die Unregelmäßigkeiten am Abstimmungstag nicht ordnungsgemäß mitteilte.

Zu den festgestellten Unregelmäßigkeiten in den einzelnen Abstimmungslokalen gibt es einen ausführlichen Bericht der Wahlbehörde. Auf den Inhalt dieses Berichts ist Frau Zellner nicht wirklich eingegangen. Sie hat in der Sitzung des Wahlausschusses lediglich mitgeteilt, sie hätte die Unstimmigkeiten „korrigiert“.

In meinem ersten Wahleinspruch habe ich ebenfalls Unregelmäßigkeiten festgestellt, beschrieben und hinterfragt:

Zum Beispiel: zur Briefwahl, dem Zählen ungültiger Stimmen und dadurch zu vieler abgegebene Stimmen, fehlenden Unterschriften auf den Niederschriften. Weiterhin habe ich aufgrund der Aussage eines Bürgers mir gegenüber gefragt, ob Ja- und Neinstimmen in zwei Wahllokalen in Niederlehme vertauscht worden sein können. Außerdem habe ich auf die wahrheitswidrigen öffentlichen Aussagen von Stadtverordneten vor dem Bürgerentscheid hingewiesen, auf die Herr Harder nicht reagiert hat. Und ich habe bemängelt, dass mir ohne die Möglichkeit der Anhörung bei der Beschlussfassung zur Durchführung des Bürgerentscheids ein Mitwirkungsverbot ausgesprochen wurde.

Die zu meinem Wahleinspruch vorgelegte Stellungnahme ist unvollständig und greift nicht alle Unregelmäßigkeiten und Fragen auf.

Die konkrete Aussage des benannten Bürgers wurde damit abgetan, dass Frau Zellner die Abstimmungsvorsteherin nochmals befragt hätte. Ein Nachzählen der Stimmzettel erfolgte scheinbar nicht.

Im Rahmen meiner Funktion als Stadtverordnete und damit Teil des Wahlprüfungsorgans nahm ich am   16. April 2021 Akteneinsicht. Bei dieser Akteneinsicht wurden mir nicht alle angeforderten Akten vorgelegt. Es fehlte unter anderem zu dieser ersten Akteneinsicht die Stellungnahme der Wahlbehörde vom 9. März 2021. Die Anlagen zum Wahleinspruch des abgewählten Bürgermeisters fehlten völlig. Sie tauchten dann auf ausdrückliche Nachfrage erst zur zweiten Akteneinsicht als „Nebenakten“ auf. Es erweckt den Eindruck, dass diese den Wahleinspruch begründenden Unterlagen durch die Wahlleiterin nie gesichtet und geprüft wurden.

Insgesamt wurden folgende Unregelmäßigkeiten in Verbindung mit der Durchführung des Bürgerentscheids bei beiden Akteneinsichten festgestellt:

  1. In fünf Wahllokalen waren die Unterschriften auf den Niederschriften unvollständig, es fehlten Datums – und Ortsangaben sowie die notwendigen Aussagen ob Mitglieder des Abstimmungsvorstandes das Ergebnis anzweifeln. Diese Niederschriften wurden von einer dritten Person neu erstellt und ausgefüllt. Statt Unterschriften wurden nur noch Vor-und Nachname eingetragen. Bei einer Niederschrift wurde sogar das Blatt der Unterschriften „abgerissen“ und der neu erstellten Niederschrift zugefügt. Es war auffällig, dass auf vielen Niederschriften die Zahlen mehrfach nach oben korrigiert worden sind. Auf Nachfrage bei Frau Zellner, warum die Niederschriften unvollständig seien, antwortete diese: Da hat die Wahlbehörde wohl „geschlampt“, sie „renne den Unterschriften nachträglich nicht hinterher“. Hier bleibt festzuhalten, dass für die Entgegennahme der Unterlagen die Wahlleitung zuständig ist. (§ 48 Abs. 1 BbgKWahlG und § 73 Abs. 1 und 2 BbgKWahlV) Dann hat wohl die Wahlleitung „geschlampt“, um bei Frau Zellners Worten zu bleiben.
  2. Bislang wurden bei Briefwahlen Abstimmungsscheine, bei denen die eidesstattlichen Erklärungen der Wählerinnen und Wähler fehlten, als ungültig zurückgewiesen. Auch in der Schulung der Abstimmungsvorstände wurde darauf hingewiesen. In der Schulung der Abstimmungshelfer nahm die Auszählung der Abstimmungsbriefe einen großen Raum ein, da dies für alle neu war. Auf eigene Entscheidung der Wahlleiterin wurden diese Stimmen nun zum ersten Male als „gültige Stimmen“ erklärt. Bereits die Wahlbehörde hat in ihrem Schreiben vom 09.03.2021 darauf hingewiesen, dass Wahllokale für komplett ungültig erklärt werden müssten, da im Nachhinein eine Trennung der angegebenen Stimmzettel nicht mehr möglich ist. Wir sprechen möglicherweise hier von Tausenden von Stimmen. Auch auf diese Unregelmäßigkeit geht die Wahlleiterin in der Stellungnahme nicht ein. Fragen hierzu habe ich der Wahlleiterin mehrfach zur Beantwortung schriftlich übermittelt und bisher keine Antwort oder Rechtsgrundlage für ihre Entscheidung erhalten.
  3. Die Akteneinsicht war nicht nur schwierig, weil Akten nicht vorlagen oder nochmal angefordert werden mussten, sondern auch weil alle Abstimmungs- und Stimmzettelbriefumschläge sich in zwei großen Umzugskartons überwiegend ungeordnet befanden. Diese Kartons waren bei beiden Akteneinsichten nicht versiegelt. Mir fiel bei der zweiten Akteneinsicht ein Zettel auf, auf dem stand, dass es zwei Umzugskartons sowie eine kleine Kiste mit Abstimmungsunterlagen geben soll. Die Letztere ist mir nicht bekannt.
    Als bei der zweiten Akteneinsicht Frau Martzok und Frau Zellner auf das „Durcheinander“ in den Kartons angesprochen habe, teilte Frau Zellner mit, dass es sich bei diesen Unterlagen um keine aufbewahrungspflichtigen Unterlagen handele. Frau Martzok erklärte, dass ihr keine Anweisung bekannt gewesen sei, dass die gesamten Abstimmungsunterlagen nach Abstimmungslokalen getrennt aufzubewahren, deshalb hat sie diese in die Umzugskartons zusammengepackt. Diese Aussagen widersprechen der Anhörung der Vertreterin der Wahlbehörde vom 3.. Mai 2021. Demnach hat Frau Schulz aufgrund der Vielzahl der festgestellten Mängel noch am 8. März 2021 angewiesen, die Unterlagen so zu belassen, wie sie waren, sprich in den einzelnen Koffern, bis das Wahlprüfungsverfahren abgeschlossen ist. Sie betont, dass eine Überprüfung ihres Berichtes ohne diese Unterlagen insbesondere die Abstimmungsbriefumschläge, die Stimmzettelumschläge und Abstimmungsscheine nicht möglich ist. Diese Kisten werden wohl jetzt im Archiv des Rathauses aufbewahrt. Weil sie nicht versiegelt sind, kann meines Erachtens, jeder, der Zutritt zum Archiv hat, unkontrollierten Zugang zu diesen Unterlagen haben. Bei diesen beiden Akteneinsichten war die Stadtverordnete Priska Wollein ebenfalls anwesend und kann meine Ausführungen bestätigen. Dazu zählt auch, dass uns keine Dokumentation vorgelegt werden konnte, wer überhaupt Zugang zu diesen Abstimmungsunterlagen hatte und durch wen und wann die Unterlagen ver- oder entsiegelt worden sind.

Ich möchte am heutigen Tage von der Wahlleiterin bestätigt bekommen, dass ich Einsicht in den gesamten Schriftverkehr zum Bürgerentscheid nehmen konnte. Dazu zähle ich auch den Emailverkehr mit der Aufsichtsbehörde. Bislang gehe ich davon aus, dass die Stellungnahme vom 3. Mai 2021 Frau Zellner ganz allein ohne Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden geschrieben hat.

Frau Zellner teilte mir mit, dass Sie alle meine aufgeworfenen Fragen heute beantworten wird: Zitat aus der Email vom 3. Mai 2021:  „Im Übrigen habe ich Sie darauf hingewiesen, dass ich Ihre Fragen derzeit nicht beantworten werde, sondern mir dies, soweit ich zu einer Beantwortung verpflichtet bin, für die Stadtverordnetenversammlung vorbehalte, damit das gesamte Wahlprüfungsorgan den möglichst selben Kenntnisstand hat. Auch hierfür haben Sie sicher Verständnis.“ Dieses Verständnis habe ich nicht, da ich die Fragen im Vorfeld zur Vorbereitung der heutigen Sitzung gestellt hatte. Unter anderem fragte ich auch, wie viele Nebenakten es gibt und warum. Warum Frau Zellner Strafanzeigen auf der Homepage der Stadt veröffentlicht hat und ob sie mit der Staatsanwaltschaft dazu Rücksprache geführt hatte. Den Schriftverkehr dazu wollte ich auch einsehen. Ich möchte auch wissen, warum gegen die Empfehlung des Landeswahlleiters keine eigenständigen Briefwahllokale gebildet worden.

Eine schriftliche Antwort hätte sie, wie auch den anderen Schriftwechsel mit mir, allen übrigen Stadtverordneten zukommen lassen können. So hätte sie sichergestellt, dass alle den möglichst selben Kenntnisstand haben. Zusätzlich hätte sie damit allen die Möglichkeit einer guten Vorbereitung eingeräumt.

Abschließend möchte ich von der Wahlbehörde wissen, die ja selbst die Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Bürgerentscheid festgestellt hat, ob sie bezüglich der Pflichtverletzungen der Wahlleiterin vorgeht oder ob sogar Strafanzeige gegen diese im Namen der Stadt Königs Wusterhausen wegen des Verdachts des Wahlbetruges gestellt wurde.

Vielen Dank.