Anhörung Wahleinspruch Swen Ennullat, 10. Mai 2021

13. Mai 2021

Swen Ennullat

Anmerkung der Redaktion: Einwendern des Bürgerentscheides wurde in der Stadtverordnetenversammlung, die über die Einsprüche entschied, der Vortrag ihrer Stellungnahmen verwehrt, denn ihnen wurden nur 3 Minuten Redezeit zugestanden. Angesichts dessen, dass es für den Bürger schwierig ist, sich umfassend zu informieren, wollen wir einen Beitrag leisten und veröffentlichen die uns zur Verfügung gestellten Dokumente im Wortlaut.

Sehr geehrte Stadtverordnete, sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe am 09.03.2021 Wahleinspruch nach § 55 I BbgKWahlG eingelegt und diesen mit einem zweiten Wahleinspruch am 18.03.2021 ergänzt. Da ich auch Bedenken hinsichtlich der Wahlleitung geäußert habe, habe ich die Schreiben auch an die Mitglieder des Wahlausschusses gerichtet. Die Wahleinsprüche wurden nach meiner Kenntnis allerdings durch die Wahlleiterin Frau Zellner nicht weitergegeben.

Ich bin der vom Ergebnis des Bürgerentscheids direkt Betroffene und habe mehrfach im Vorfeld des Bürgerentscheids dem damals amtierenden Wahlleiter Herrn Harder schriftlich auf eklatante Mängel hingewiesen.

Ich habe ein berechtigtes Interesse an der möglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bürgerentscheids.

Die Entscheidung zur Durchführung des o.g. Bürgerentscheids zu meiner Abwahl erfolgte durch mehrheitliche Beschlussfassung des Organs Stadtverordnetenversammlung (SVV) der Stadt Königs Wusterhausen (§ 81 II Z.2 BbgKWahlG i.V.m. § 15 BbgKVerf) nicht durch die Bürgerschaft.

Es handelt sich also um ein sogenanntes Ratsbegehren aus der Mitte der Gemeindevertretung heraus. Der Beschluss der SVV hat nur ein mögliches Abwahlverfahren eingeleitet. Die Entscheidung obliegt den Bürgerinnen und Bürger der Stadt.

I.

Der Vollständigkeit halber und weil ausdrücklich auf diesen Weg verwiesen wurde, habe ich in meinem Wahleinspruch dargestellt, dass die Vorsitzende der SVV trotz Mitwirkungsverbot an der Abstimmung zur Festlegung eines Bürgerentscheids teilgenommen hat. Ein Bescheid des allgemeinen Vertreters der Stadt Königs Wusterhausen war ihr zuvor zugestellt worden. Gegen diesen Bescheid ist Frau Lazarus nie vorgegangen.

Ihre dennoch abgegebene Stimme war entscheidend für die Beschlussfassung. Nur mit ihrer Stimme konnte die nötige 2/3 Mehrheit in der SVV erreicht werden.

Das Beanstandungsverfahren und das Eingreifen des Landrats in die kommunale Selbstverwaltung der Stadt Königs Wusterhausen ist Ihnen bekannt.

Mit Mehrheitsbeschluss des Hauptausschusses vom 23.02.2021 wurde der Verwaltung der Stadt Königs Wusterhausen untersagt, diese Handlungen abschließend gerichtlich in Form einer  Fortsetzungsfeststellungsklage überprüfen zu lassen. Die stimmentscheidenden Mitglieder im Hauptausschuss waren die gleichen Stadtverordneten, die sich in der SVV für den Bürgerentscheid ausgesprochen haben; der Wunsch, den der Landrat mit seinem Eingreifen in die kommunale Selbstverwaltung der Stadt Königs Wusterhausen dann ermöglichte. Die Überprüfung im Rahmen eines Wahleinspruchsverfahrens ist aber möglich und angezeigt.

II.

Entscheidend ist, dass die Abstimmung in unzulässiger Weise in ihrem Ergebnis beeinflusst wurde.

Erhebliche und strukturierte Verstöße gegen das Sachlichkeitsprinzip dürften es den Abstimmungsberechtigten unmöglich gemacht haben, sich ein objektives Bild über die Gründe meiner von 25 Stadtverordneten angestrebten Abwahl zu machen,

Der Willensbildungsprozess des Organs Stadtverordnetenversammlung war mit der Beschlussfassung zur Durchführung der Stadtverordnetenversammlung abgeschlossen. Mit ihrem namentlichen Abstimmungsverhalten machten alle Stadtverordneten ihre Meinung zum Beschlussgegenstand abschließend deutlich.

Gleichwohl haben sich insbesondere die Vorsitzende der SVV, zwei ihrer Vertreter, weitere Stadtverordnete sowie Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher sowie Mitglieder der Ortsbeiräte aktiv und kontinuierlich an die Öffentlichkeit gewandt, insbesondere unmittelbar vor dem Termin des Bürgerentscheids, um den Willensbildungsprozess der Abstimmungsberechtigten in ihrem Sinne in Richtung meiner Abwahl zu beeinflussen.

Dies geschah durch Radiointerviews, Videos, Veröffentlichungen im Internet, sozialen Medien, mittels Plakatierung (auch Großflächen), Werbung, Annoncen sowie diversen Schriften und Flyer. Dabei wurden aktiv ansehensschädigende Unwahrheiten zu meinem Nachteil verbreitet und die jeweilige Mandatsstellung der Quelle hervorgehoben, um den Äußerungen größeres Gewicht zu verleihen.

Die Unwahrheiten bezogen sich u.a. auf Vorwürfe strukturierten Mobbings gegen einen erheblichen Teil der Belegschaft der Stadtverwaltung.

Das ist insbesondere deshalb so wichtig, da die Beschlussfassung zur Durchführung des Bürgerentscheids, um mich abzuwählen zu lassen, keine Begründung enthielt. Die Öffentlichkeit wusste also nicht, warum sie mich abwählen sollte und schenkte den Ausführungen – gerade der Stadtverordneten – Glauben.

Gingen die Bürgerinnen und Bürger doch davon aus, dass die Stadtverordneten und Ortsvorsteher sie nicht belügen und mich als Bürgermeister verleumden würden. Wäre dies doch moralisch nicht nur verwerflich sondern zweifelsohne auch strafbar.

Gleichwohl kam es eben zu solchen Darstellungen. Der amtierende Wahlleiter, Herr Joachim Harder, wurde aufgrund von Bürgerbeschwerden über diese Mängel bereits im Vorfeld des Bürgerentscheids im Februar schriftlich durch die Wahlbehörde informiert und auf § 52 BbgKWahlG hingewiesen.

Wird während der Vorbereitung der Wahl ein offenkundiger, vor der Wahl nicht mehr behebbarer Mangel festgestellt, wegen dem die Wahl im Falle ihrer Durchführung im Wahlprüfungsverfahren für ungültig erklärt werden müsste, z.B. bei widerrechtlicher Einflussnahme auf den Willenbildungsprozess der Stimmberechtigten, so kann die Aufsichtsbehörde die Wahl im gesamten Wahlgebiet absagen. Der Wahlleiter wäre für die Bekanntmachung zuständig. Sprich, der Bürgerentscheid hätte dann zu einem späteren Zeitpunkt stattgefunden, nachdem die Verleumdungskampagne wieder richtig gestellt worden wäre.

Der Wahlausschuss als beschlussfassendes Organ sollte durch den Wahlleiter informiert werden. Die Mitglieder waren jeweils auch Adressat meiner Einwendungen.

Die Aufsichtsbehörde wurde bereits im Januar 2021 durch die bis 08.02. amtierende Wahlleiterin Frau Schulz und in der Folge der Vorbereitung des Bürgerentscheids auch durch mich auf die gravierenden Mängel hingewiesen.

Für den amtierenden Wahlleiter und die Aufsichtsbehörde waren die Mängel (Üble Nachrede, Verleumdungen durch den Dienstherrn des Beamten zur Wählerbeeinflussung) offenkundig nicht ausreichend. Der Wahlleiter hat nicht reagiert und auch nicht den Wahlausschuss informiert oder beteiligt, obwohl dies möglich gewesen wäre. Auch nicht, als sich die Verleumdungskampagne nicht nur gegen mich sondern auch vier meiner fünf Fachbereichsleiter richtete. Die Aufsicht verwies auf das mögliche Wahlprüfungsverfahren. Es wurde also vielmehr diese Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Durchführung und die Feststellung des Abstimmungsergebnisses bewusst in Kauf genommen.

Hätten die verantwortlichen Stellen entsprechende Entscheidungen getroffen, wären wir heute nicht hier.

Ich stellte dem Wahlleiter diverse Belege für die unzulässigen Wählerbeeinflussungen zur Vorlage für den Wahlausschuss und an die Aufsicht zur Verfügung. Zum Teil handelte es sich um Kopien der Strafanzeigen gegenüber der Staatsanwaltschaft Cottbus, die ich bereits getätigt hatte.

Herr Harder entschied sich jedoch entgegen seiner Verschwiegenheitspflicht und seiner besonderen Verantwortung über die ordnungsgemäße Durchführung des Bürgerentscheids, die Beschuldigten darüber in Kenntnis zu setzen. Das nutzten diese in sozialen Medien. Die restlichen Mitglieder des Wahlausschusses wurden aber durchgehend nicht informiert, bis zum heutigen Tage. Die Kommunalaufsicht des Landkreises Dahme-Spreewald allerdings schon. Nachfragen des Unterzeichners hierzu hat er nicht beantwortet. Den entsprechenden Emailverkehr habe ich meinem Wahleinspruch beigefügt.

Die gestellten Strafanzeigen gingen dem amtierenden Wahlleiter also bereits vor dem Bürgerentscheid zu, die Unterlagen lagen der Wahlleitung also alle vor. Ein Rückgriff und Verweis  auf bereits bekannte Unterlagen ist laut Wahlgesetz bei einem Wahleinspruch nicht unzulässig, sondern im Falle einer rechtswidrigen Wählerbeeinflussung sogar unumgänglich. Diese findet grundsätzlich vor oder während der Abstimmung statt und der Einspruch kann erst danach eingereicht werden.

In meinem Wahleinspruch habe ich ausdrücklich auf die Unterlagen, die der Wahlleitung bereits vorlagen, verwiesen.

Die Staatsanwaltschaft Cottbus hat den Anfangsverdacht von Straftaten von Mitgliedern der SVV insbesondere nach § 188 StGB mittlerweile bejaht und mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Wenn also jetzt die Wahlleiterin mit ihrer Stellungnahme vom 03.052021 behauptet, ich hätte zu den Strafanzeigen „nicht substantiiert vorgetragen“, „um eine Prüfung vornehmen zu können.“ Und weiter: „Es handelt sich vorwiegend um nicht durch den Einspruchsführer nachgewiesene Behauptungen. Es ist nicht Sache der Wahlleiterin, die einzelnen Belege nachzuverfolgen. Auch das Wahlprüfungsorgan, hier die Stadtverordnetenversammlung, kann letztlich nur anhand konkret benannter und nachgewiesener Vorgänge eine Prüfung durchführen. Bloße Behauptungen, Vermutungen oder angezeigte Zweifel reichen hier nicht aus.“ ist dies wahrheitswidrig und rechtswidrig. Die Wahlleiterin räumt hiermit sogar ausdrücklich ein, nicht alle bekannten Unterlagen und Tatsachen für ihre Stellungnahme gewürdigt zu haben und damit wissentlich Informationen vorenthalten zu haben.

Der Wahlleitung lagen alle Unterlagen vor, auch wenn Herr Harder diese nicht an den Wahlausschuss weitergegeben hat. Auch Frau Zellner wurden diese nochmals elektronisch zugesandt. Auch hier regelt das Gesetz eindeutig, wann ein Einspruch fristgerecht eingereicht ist und. Ein Nachreichen von Unterlagen und die Würdigung von Informationen bis zur Entscheidung des Wahlprüfungsorgans SVV stehen der fristgerechten, formgerechten Einreichung des Wahleinspruches nicht entgegen.

Allerdings tauchten die Unterlagen tatsächlich erst bei einer weiteren Akteneisicht von Stadtverordneten und diversen Nachfragen vor zwei Wochen in „Nebenakten“ auf. Den Inhalt hat die Wahlleiterin dennoch in ihrer Stellungnahme nicht gewürdigt und informiert nicht nur die Stadtverordneten sondern auch die Öffentlichkeit lückenhaft. Und dies, obwohl die Wahlleiterin als Beamtin der Stadt Königs Wusterhausen für die Aufgaben als Wahlleiterin von anderen dienstlichen Dingen freigestellt wurde. Sie kann das Amt in ihrer Dienstzeit ausüben.

Die vorliegende Stellungnahme kann sicherlich nicht Basis einer sachgemäßen Entscheidung sein. Vollständige Akteneinsicht hatten indes nur zwei von 36 Stadtverordneten, die heute hier entscheiden sollen.

Um mich davon zu überzeugen, dass mein Wahleinspruch mittlerweile wieder vollständig ist, habe ich Akteneinsicht bei Frau Zellner beantragt. Letztendlich werden auch meine personenbezogenen Daten verarbeitet. Dies lehnt die Wahlleiterin allerdings ab. Ich habe mich nun an die Wahlbehörde gewandt und werde diese Akteneinsicht nachholen. Ich möchte nämlich auch wissen, wer diese Wahleinsprüche bearbeitet hat.

Zu den Äußerungen an sich, über die wir sprechen. Die Mitglieder des Bündnis 21 werden sie sicherlich kennen, fanden sie sich doch auf den in der Stadt verteilten Flyern, sozialen Medien, Internet, Plakaten, veröffentlichten Videos usw.

Behauptungen waren u.a.:

  • Die gesamte Amtsführung des BGM beruht auf Angst, Verunsicherung und Willkür.
  • Der Bürgermeister belügt die Öffentlichkeit.
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden von vom BGM angebrüllt, drangsaliert, mit Disziplinarmaßnahmen bedroht.
  • Vorwurf: Machtmissbrauch des BGM im Amt, systematisches und abgestimmtes „Bossing“
  • Der Bürgermeister ist widerlich und zu verachten.
  • Vorwurf: versuchte Vorteilsgabe und Vorteilsnahme des BGM im Amt beim „Grundstücksdeal“ mit einem Mitarbeiter
  • Man muss sich für den Bürgermeister schämen.
  • Der Bürgermeister herrscht wie ein Diktator im Rathaus.
  • Der Bürgermeister ist grenzüberschreitend und machtbesessen.
  • Der Bürgermeister zerreißt unsere demokratischen Grundwerte.
  • Der Bürgermeister schüchtert Leute ein und macht sie fertig.
  • Der Bürgermeister ist ein Paradebeispiel, wie man die Demokratie zerstört.
  • Der Bürgermeister folgt nur seinem Ego, akzeptiere nur sein eigenes Ego. Dabei zerstört er Menschen. Der Bürgermeister macht sie fertig.
  • Die Leute haben Angst vor dem Bürgermeister.
  • Sprachgebrauch des Bürgermeister: Hass auf alles Andersdenkende
  • Er ist ein AfD-Bürgermeister, der im trojanischen Pferd kam.
  • Der Bürgermeister paktiert mit den Rechtspopulisten der AfD und sabotiert mit ihnen gemeinsam demokratische Spielregeln und Institutionen.
  • Der Bürgermeister ist ein Sonnenkönig, der auf alle demokratischen Grundregeln „scheißt“. (Sprachgebrauch bitte entschuldigen, Zitat des Herrn Marx aus seinem Video)
  • Der Bürgermeister hat verschwiegen, dass die AfD seine Kandidatur zum Bürgermeister mit 30.000 Euro unterstützt hat. (Hier habe ich übrigens eine anderslautende eidesstaatliche Erklärung gegenüber dem RBB abgegeben.)
  • Der Führungsstil des Bürgermeister ist von Egoismus, Anfeindungen, Denunziation, Empathielosigkeit und Pflichtverletzungen geprägt.
  • Der Bürgermeister schüchtert die Verwaltung ein.
  • Der Bürgermeister schüchtert seine Kritiker ein. Er denunziert.
  • Unterlagen einer Entwurfsplanung der Erweiterung der Grundschule Zernsdorf hat der Bürgermeister verschwinden lassen haben. (Dies wäre Verwahrbruch.)
  • Er ist ein Bürgermeister, der voraussichtlich bereits nach drei Jahren eine Abmahnung bekommen wird. Das Disziplinar­verfahren ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs.
  • Vorwurf: Der Bürgermeister blockiert die Bekanntmachung zum Bürgerentscheid

Diese Aussagen wurden mit der Aufforderung meiner Abwahl verbunden.

Ich war ja bereits viel gewohnt. Das unrechtmäßige Verbot der Führung der Amtsgeschäfte sechs Monate zuvor, Strafanzeigen von Stadtverordneten, z.B. weil der Kämmerer und ich im Namen der Stadt Klage gegen die Kreisumlage eingereicht hatte oder weil ich diesen überhaupt als Mitarbeiter eingestellt habe, oder den Ankauf des Niederlehmer Wasserturms, die Sanierung des Stadions der Freundschaft, und und und.  All das werfen mir Teile der SVV als Straftaten zum Beispiel gegenüber der Korruptionsstaatsanwaltschaft vor, selbst wenn die SVV es selbst beschlossen und mich damit per Beschluss zum Handeln verpflichtet hatte.

Vor dem Bürgerentscheid gingen aber diese Mandatsträger mit einem Vorwurf massiv an die Öffentlichkeit, um meine Abwahl zu erreichen, von dem sie wussten, dass dieser nicht stimmt. Es gab keine Mobbingbeschwerden gegen mich. Aus Fürsorge- und Schutzpflichten heraus hätte der Dienstherr, sprich die SVV, die Öffentlichkeit über die Wahrheitswidrigkeit dieser Darstellungen aufklären müssen. Hier hat sich der Dienstherr aber nicht schützend vor mich als Beamten gestellt, sondern Teile des Organs SVV, die Mitglieder des“ Bündnis 21“ sind für diese Verleumdungen, Beleidigungen sowie üble Nachrede zu meinem Nachteil sogar verantwortlich.

Wenn die Gemeindeorgane sich im Vorfeld einer anstehenden Abwahl eines Bürgermeisters durch die Bürgerschaft in amtlicher Eigenschaft äußern, so müssen sie sich nicht nur an ihre kommunalverfassungsrechtlichen Kompetenzen halten, sondern die in der Abwahl als Ausdruck unmittelbarer Demokratie den Bürgerinnen und Bürgern zukommende Teilnahmefreiheit, also deren unabhängigen und freien Meinungs- und Willensbildungsprozess, wahren und andererseits die hoheitlichen Handeln bestimmende Gebote der Wahrhaftigkeit und Sachlichkeit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzip beachten (vgl. BVerfG, Urteil vom 02.03.1977).

Aus diesem Sachlichkeitsgebot folgt, dass mitgeteilte Tatsachen zutreffend wiedergegeben werden müssen und Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen und den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten dürfen.

Hier ist aber schon von einer unzulässigen Beeinflussung auszugehen, da die Äußerungen nicht nur wahrheitswidrig waren, sondern auch mit einer eindeutigen Abstimmungsempfehlung verknüpft wurden; man müsse mich Abwählen, damit das strukturierte Mobbing und die Korruption im Rathaus enden.

Die Äußerungen wurden von kommunalen Amtsträgern getätigt, die auf ihre Mandate ausdrücklich hinwiesen. Das vermittelt den Eindruck, dass sie für die Stadtverordnetenversammlung oder den Ortsbeirat sprechen. Die Öffentlichkeit muss davon ausgehen, dass diese Personen tatsächlich Kenntnis über diese wahrheitswidrigen Ereignisse haben, diese bestätigen; weil Angehörige der entsprechenden Gremien bzw. meine Dienstvorgesetzten.

Ein gutes Beispiel ist dafür das Video des Herrn Marx, aus dem ich schon zitiert habe. Herr Marx stellt sich am Anfang des Videos wie folgt vor: „Stadtverordneter, stellvertretender Vorsitzender der SVV, stellvertretender Ortsvorsteher von der Kernstadt“.

Gleiches gilt für ein Video, dass Frau Teresa Nordhaus zeigt. Auch sie stellt sich kurz vor und unterstreicht ihre öffentliche Bedeutung: „2019 in die SVV gewählt… 1. Stellvertretende Vorsitzende… stellvertretende Vorsitzende der Fraktion B90/Grüne.“

Herr Hanke wiederum wurde beispielsweise auf der Homepage des Bündnisses, um meine Abwahl zu erreichen, mit Foto und dem Titel Ortsvorsteher abgebildet. Zitat: „Auch im Rathaus verbreitet er nach Aussagen von Mitarbeiterinnen Angst und Schrecken. Das muss aufhören.“

Ich habe Herr Hanke daraufhin zwei Mal in der öffentlichen Sitzung des Hauptausschuss am 23. Februar 2021 auf diese Aussage angesprochen. Er bestätigte im Gremium als Vertreter seiner Fraktion vor den anwesenden Zuschauern das Zitat und die Freigabe. Er thematisierte den angeblichen anonymen Brief, der auf der Internetseite von Herrn Dorst und Herrn Marx veröffentlicht worden war. Beide waren anwesend. Herr Dorst als stimmberechtigtes Mitglied im Hauptausschuss. Herr Marx im Publikum.  Ich erklärte Herrn Hanke in dieser Sitzung, dass der Inhalt des Briefes unwahr sei. Ich berichtete von einer eigens von mir einberufenen Sitzung am 18. Februar 2021 mit Personalrat, Leiterin Personalamt, allen Fachbereichsleitern und mir, wo diese Vorwürfe deutlich durch den Personalrat ausgeräumt wurden.

Dennoch wurde von Herrn Hanke und den Bündnismitgliedern die Inhalte dieses Briefes in der Sitzung und darüber hinaus vorsätzlich weiter verbreitet.

Herr Hanke ist nicht nur Vorsitzender des Kreistages und Mandatsträger in Königs Wusterhausen, er ist selbst Beamter. Seine Wohlverhaltenspflicht greift auch außerhalb des Dienstes. Niemand würde doch vermuten, dass er nicht die Wahrheit spricht. Das darf er nämlich nicht.

Die Auflistung ließe sich sehr umfangreich fortsetzen. Sie ist Teil meines Wahleinspruchs, den die Wahlleiterin hätte gründlich prüfen müssen. Zeit war genug.

Untunlich ist daher auch der mehrfache Verweis der Wahlleiterin in ihrer Stellungnahme auf ein Urteil des VG Cottbus zum ehemaligen Bürgermeister von Mittenwalde, Diese beiden Fälle (die eigenen öffentlichen Erklärungen des Herrn Pfeiffer, die fehlende üble Nachrede oder wahrheitswidrige Äußerungen zu seiner Person, keine Medienkampagne einer Vereinigung von Mandatsträger usw.) sind schlichtweg nicht vergleichbar und das weiß Frau Zellner auch. Mehr kann oder will sie allerdings nicht vorlegen. Die ihr nachweislich vorliegende einschlägige Rechtsprechung, die meine Ansicht stützt, lässt sie bei ihrer Würdigung gänzlich außen vor.

Zwischen der Zeit im Vorfeld eines Bürgerentscheids und einem Wahlkampf bestehen eben doch wesentliche Unterschiede. Die Wahlberechtigten dürfen bei einem Bürgerentscheid nicht unzulässig in ihrem Abstimmungsverhalten beeinflusst werden. Rechtsprechung dazu wurden der Wahlleitung benannt. Berücksichtigt hat sie diese nicht.

III.

Ich habe des Weiteren in meinem Wahleinspruch mir bekannt gewordene Unregelmäßigkeiten am Abstimmungstag und im Zusammenhang mit dem Wahlausschuss angezeigt.

Hier ist erstaunlich, dass die Wahlleiterin die Beschwerden, die sie selbst betreffen, allein bearbeitet hat. Dies dürfte nicht zulässig sein.

Die Unregelmäßigkeiten hat die Wahlbehörde nach dem Bürgerentscheid aufgelistet. Dies umfasst das temporäre Schließen von Abstimmungslokalen, die es eben doch gegeben haben dürfte, die Korrekturen von Wahlniederschriften inklusive der Stimmdifferenzen. Ich habe für 22 Wahllokale konkret nachgefragt. Die Stellungnahme der Wahlleiterin geht darauf aber gar nicht ein.

Das größte Problem ist sicherlich, dass entgegen der bisherigen Praxis bei Wahlen der Stadt Königs Wusterhausen sowie der Schulung für die Wahlhelfer im Vorfeld, die Wahlleiterin Frau Zellner eigenständig entschieden hat, die Abstimmungsscheine der Briefwähler auch ohne die vorgesehene Versicherung an Eides statt anzuerkennen, sprich für gültig zu erklären. Diese Wahlbriefe hätten zurückgewiesen werden müssen. Es handelt sich dabei um hunderte Fälle.

Offenbar gab es auch Unregelmäßigkeiten bei der Verwahrung der Wahlunterlagen nach dem Bürgerentscheid vgl. § 72 Kommunalwahlverordnung. Die Einsicht nehmenden Stadtverordneten stellten u.a. keine Versiegelung fest. Die Vollständigkeit der Unterlagen konnte somit nicht mehr bestätigt werden.

Unbeantwortet ist auch die Frage an die Wahlleitung, warum die Position des Mitglieds des Wahlausschusses Frau Lafsa nach ihrem Ausscheiden nie nachbesetzt wurde. Darauf hatten wir Herrn Harder Anfang 2021 ebenfalls mehrfach aufmerksam gemacht.

Dass Mitglieder des Wahlausschusses sich öffentlich ebenfalls für meine Abwahl aussprachen, erachtet die Wahlleiterin Frau Zellner als unproblematisch. Genauso unproblematisch wie dass sie ihre Beschwerden selbst bearbeitet. Zum Beispiel, warum die Mitglieder des Wahlausschusses die an sie gerichteten Schreiben nicht erhalten. Das wird in der Stellungnahme ebenfalls nicht erwähnt.

Die am 3. Mai 2021 erstellte Stellungnahme der Wahlleiterin zu den Wahleinsprüchen entspricht im Übrigen nicht mehr der Verpflichtung nach § 55 VI BbgKWahlG. Die Wahlleiterin hätte unverzüglich die Wahleinsprüche samt Stellungnahme der Vertretung  vorlegen müssen. Neun Wochen sind nicht mehr vertretbar. Den Landeswahlleiter habe ich in Kenntnis gesetzt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Swen Ennullat