Dem Hafen wird das Wasser abgegraben…

7. August 2019

Heinz-Christian Schmidt, Zernsdorf

Leserbrief zum Artikel „Gespräche zu Terminal im Südhafen“ in der MAZ vom 4.7.2019

Es gehört zu den wichtigen Aufgaben eines Bürgermeisters, sich um die Entwicklung der Stadt zu sorgen. Das hatte sicher auch unser BM Swen Ennullat mit seiner Delegation im Sinn, als er die Gemeinde Lansingerland in den Niederlanden besuchte und Investorengespräche mit dem Ziel einer Kooperation führte. Inhalt der angestrebten Kooperation ist die Verlagerung von LKW-Straßenverkehr auf die Schiene. So würden die Anhänger per Zug mit einem neuartigen Waggonmodell in den Hafen Königs Wusterhausen gelangen. Von dort würde die Ware dann mit LKW in einem Umkreis von bis zu 150 Kilometern verteilt. Dazu ist es nötig, ein intermodales Terminal im Südhafen zu errichten.
Unter Umweltgesichtspunkten scheint das ja erstmal eine gute Sache! Doch was hat das mit dem Hafen zu tun und was macht den Hafen dafür so besonders geeignet?
Mehr und mehr wird der Hafen seit dem Wegfall der Kohleverschiffung mit seiner Schiene-Wasseranbindung besiedelt mit Gewerbe und Industrie, die mit der Wasseranbindung nicht das Geringste zu tun haben. Im Gegenteil. Hier wird mit Timberpak und weiteren Firmen Gewerbe angesiedelt, das nicht nur zu erheblich mehr LKW-Verkehr über die einzige Straße, die die östlichen und westlichen Ortsteile unserer Stadt miteinander verbindet, führt, sondern auch zu massiver Umweltbelastung. Auch Güterverkehr auf der Schiene mit seinem Weg direkt durch unsere Innenstadt führt zu erhöhter Lärmbelastung.
Diese neu angestrebte Kooperation besitzt keine Notwendigkeit einer Wasseranbindung, sondern ist ein Schiene/Straße Konzept, das irgendwo außerörtlich an der Autobahn angesiedelt sein könnte.
So wird aus unserem Hafen – eigentlich ein „Pfund“ für zukünftige Entwicklungen, wie Ansiedlung von Hochtechnologie, aber auch für Tourismus und Wohnen – zunehmend eine innerstädtische Industrie- und Gewerbefläche zum Umschlag und Bearbeitung auch von umweltbelastenden Materialien.
Wie so oft schon an anderen Stellen in der Stadt wird auch hier die erforderliche Infrastruktur nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Für das oben genannte Konzept ist das derzeit diskutierte zweite Gleis am Bahnhof essentiell, aber nicht beschlossen. Ebenso ist das Konzept der Straßenanbindung zu überprüfen. Und das endlich einmal gesamtheitlich, und nicht klein-klein in Einzelteilen, wo jedes Ansinnen für sich genommen womöglich „unbedenklich“ ist.
Häufig wird dann noch auf entstehende Arbeitsplätze verwiesen. Ich vermute, bei dem hohen Automatisierungsgrad dürften das nur sehr wenige sein?
Ist das Ganze also lohnend für Königs Wusterhausen? Ich meine, nicht! Wohl aber für die Investoren, da man so geschickt das Sonn- und Feiertags-Fahrverbot für LKW umgehen kann! Siehe § 30 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), der im Absatz 1 eine Ausnahme für Schiene/Straße Hafen-Verkehr macht, der dann sogar sonntags ungehindert die 60 km in Richtung Polen oder Berlin fließen könnte.
Abschließend noch meine Frage: Wenn man doch schon lobenswerterweise die Fracht von der Straße auf die Schiene gebracht hat, warum muss dann außerhalb Berlins wieder zurück auf den LKW verladen werden, um die letzte Strecke auf ohnehin überlasteten Einfallstraßen in Richtung City zurückzulegen?

Mir erscheint das ganze Konzept mehr als fragwürdig!

Auf dem Foto die Hafenausfahrt mit L30 und A10. Quelle: CK