Der Preis der Demokratie in KW

27. Februar 2017

Redaktion

Swen Ennullat, Mitglied der Freien Wähler KW, hat in den letzten Tagen Akteneinsicht in die Kitakostenkalkulation der Stadt Königs Wusterhausen nehmen können. Dabei kamen einige Ungereimtheiten zutage. (Wir berichteten hier).

Vor zwei Tagen hatte diese Akteneinsicht für den ehrenamtlichen Elternvertreter ein unangenehmes Nachspiel: Ihm flatterte ein Gebührenbescheid der Stadtverwaltung über satte 169,85 Euro ins Haus. Seine Antwort an die Stadtverwaltung, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten:

Sehr geehrte Frau Schulz,
ich komme auf Ihr Schreiben vom 24.02.2017 zurück.

„Für die erfolgte Akteneinsicht und Anfertigung von Kopien“ hinsichtlich der Kostenkalkulation der Elternbeiträge der Kita-Satzung der Stadt Königs Wusterhausen am 15.02.2017 in den Räumen des Rathauses erheben Sie eine Gebühr in Höhe von 169,85 €.

Bzgl. der Berechnung verweisen Sie auf die „Verwaltungsgebührensatzung“ der Stadt Königs Wusterhausen vom 04.09.2006.

Ich lege gegen den Gebührenbescheid Widerspruch ein. Bitte bestätigen Sie mir den Eingang meiner Email. 

Zum Sachverhalt

Die Stadt Königs Wusterhausen beabsichtigt seit längerer Zeit, eine neue Kitasatzung zu verabschieden.  Die Stadtverwaltung hatte zugesagt, die Elternvertreter der Kitas an der Erstellung zu beteiligen. Dieser Prozess fand allerdings nicht statt. Der Kitaausschuss der Kita „Zwergenstadt“ hatte in seinen Sitzungen des letzten Jahres außerdem zuvor mehrfach versucht, die alte und nun auch die neue Gebührenkalkulation zu erlangen, um die Gebührenbescheide der Eltern überprüfen zu können. Die Offenlegungspflicht ergibt sich m. E. aus § 15 I Ziffer 6 des Gebührengesetzes des Landes Brandenburg (GebGBbg). Da diese Anfragen von Seiten der Stadt dennoch stets unbeantwortet blieben, habe ich mich in meiner Funktion als Elternsprecher der aktuell 108 Kinder meiner Kita und deren Eltern am 20.11.2016 per Email an die zuständige Fachbereichsleiterin II, Frau Urban, und den Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung, Herrn Hanke (im Cc),  gewandt. Am 01.12.2016 verwies mich Frau Urban auf eine Pressemitteilung der Stadt im Internet. Hier sei die „Kostenkalkulation“ abgebildet. Dies entsprach nicht den Tatsachen. Die Veröffentlichung erfolgte erst am darauffolgenden Tag und umfasste lediglich eine Zusammenführung von Aufwendungen und Erträgen im Kitabereich. Eine Darstellung der Kalkulation durchschnittlicher Platzkosten erfolgte nicht.

Mit Emails vom 05.12.2016 und 13.12.2016 habe ich deshalb erneut den Fachbereich angeschrieben und Interpretationsfragen zur Veröffentlichung gestellt. Als Reaktion erhielt ich am 14.12.2016 nachfolgende Antwort der Fachbereichsleiterin II: 

„… hiermit bestätige ich den Erhalt Ihrer Email und verweise auf die geplante gemeinsame Sitzung des Finanz- und Sozialausschusses Anfang Februar 2017, bei dem ein öffentlicher Dialog möglich sein wird und Ihre Fragen entsprechend beantwortet werden“.

In der Sitzung des Kita-Ausschusses am 10.01.2017 wurde unter TOP 3.4 die neue Kita-Satzung ebenfalls im Beisein der zuständigen Sachgebietsleiterin der Stadt thematisiert. Von ihr erging die Auskunft, dass nur der Kämmerer die Platzkostenkalkulation heraus geben könnte, dies aber ablehnt. Als Termin der gemeinsamen Sitzung des Sozial- und Finanzausschusses wurde der 09.02.2017 konkretisiert.

Da die Veröffentlichung der Unterlagen im Internet im Vorfeld der Sitzung wiederum keine Platzkostenkalkulation umfasste, habe ich mich deshalb mit Email vom 05.02.2017 nochmals direkt an den Bürgermeister, Herrn Franzke, gewandt und um Herausgabe der Unterlagen zur vorbereitenden Prüfung gebeten und auf die Beantwortung meiner bereits am 05.12.2017 gestellten Fragen erinnert. Diese Email ging im Cc auch den Ausschussvorsitzenden, Herrn Dreher und Herrn Kleis, dem Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung, Herrn Hanke (selbst Mitglied im Finanzausschuss), dem Kämmerer, Herrn Perlick, sowie nochmals der Fachbereichsleiterin, Frau Urban, zur Information bzw. Vorbereitung zu. Jegliche Reaktion darauf blieb erneut aus.

In der Sitzung am 09.02.2017 erklärte der Kämmerer, dass die Kalkulation erst am 06.02.2017 fertig gestellt worden sein soll. (Die Gebührentabelle der Elternbeiträge war allerdings bereits Wochen vorher bekannt.) In der Einwohnerfragestunde der Sitzung nahm ich mein Rederecht wahr. Meine Fragen, die ich wie dargestellt sogar vorher eingereicht hatte,  blieben unbeantwortet. Herr Perlick und Frau Urban boten mir lediglich an, dass ich bei einer beauftragten Mitarbeiterin der Kämmerei, Frau Voth, nunmehr Akteneinsicht nehmen könnte. Eine Aushändigung der Kitakalkulation wurde immer noch abgelehnt. Auch Frau Voth lehnte bei meiner telefonischen Nachfrage und meinem Hinweis, dass ich aufgrund meines beruflichen Backrounds in der Lage wäre, die Kalkulation inhaltlich zu verstehen, eine Versendung ab und bestand auf einen persönlichen Termin im Rathaus. Dieser fand am 15.02.2017 statt und ich nahm ihn gemeinsam mit Frau Wollein, Stadtverordnete der Freien Wähler, wahr. Frau Voth bat noch eine weitere Mitarbeiterin hinzu, die sich aber am Gespräch nicht beteiligte und deren Rolle mir unklar blieb. Am Anfang erklärte Frau Voth, dass Frau Tyralla (Rechtsamt) im Vorfeld mit positivem Ergebnis geprüft hätte, ob ich die Kalkulation ausgehändigt bekommen könne. Hierfür sollte ich handschriftlich nur noch einmal einen Antrag stellen, was ich auch tat. 

Frau Voth legte Frau Wollein und mir danach zwei A 3 Blätter mit Excell-Tabellen vor und wir hatten eine knappe Stunde die Möglichkeit, Fragen zu stellen. In dieser Zeit habe ich mir Notizen auf die Blätter gemacht. Etliche unserer Fragen blieben jedoch unbeantwortet. Frau Voth erklärte vielmehr, dass die nachgefragten Zahlen vom Sozialbereich oder vom Personalamt der Verwaltung zugearbeitet worden wären. Wie diese zustande kämen, wüsste sie nicht. Entgegen den anfangs abgegebenen Bekundungen händigte Frau Voth die Unterlagen am Ende des Gesprächs auch nicht aus und verwies auf eine förmliche Bearbeitung meines Antrags. Außerdem einigten wir uns, dass ich mich nochmals kurz per Email an Frau Urban wenden sollte. Dies tat ich am darauffolgenden Tage. Da eine Antwort ausblieb und die beschließende Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 27.02.2017 ansteht, habe ich eine Woche später am 22.02.2017 per Email nachgefragt. Die Antwort ging mir am 25.02.2017 postalisch zu. 

II. Begründung
Zuallererst sei angemerkt; dass die von Frau Wollein und mir eingesehenen Unterlagen mir trotz Zusage nicht ausgehändigt worden. Es erfolgte lediglich die Versendung eines Ausdrucks, der als neue Anlage 7 seit wenigen Tagen auf der Homepage der Stadt abgerufen werden kann. Den habe ich aber nicht angefordert.

Außerdem hatte ich um keine schriftlichen Ausführungen zum Kita-Gesetz des Landes Brandenburg gebeten. Wie Sie wissen, ist die rechtsfehlerfreie Anwendung dieses Rechtsbereichs als Leiter eines Jugendamtes mein tägliches Geschäft.

Wer ein Herr „Dr. Baum“ sein soll, dessen Rechtsempfehlungen die Stadt Königs Wusterhausen offenbar folgt, erschließt sich mir nicht. Ich kenne einen Juristen gleichen Nachnamens nur aus dem Rechtsstreit bzgl. der „durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen für ein Mittagessen“ der Stadt Prenzlau. Hier unterlag die von ihm vertretene Stadtverwaltung 2016 auch beim OVG Berlin/Brandenburg in zweiter und letzter Instanz. Seine Beratung ist also kritisch zu werten. Offenbar setzen sich seine Rechtsauffassungen vor Gericht nicht durch. Dies nur als Hinweis.

Dafür blieben in dem beigereichten kurzen Vermerk (ohne Briefkopf, Datum und Unterschrift) inhaltliche Fragen wieder vage und unbeantwortet (z.B. tatsächliche Anzahl der Krippen-, Kita- und Hortplätze pro Einrichtung) oder die Ausführungen überzeugen nicht (z.B. warum keine Abrufung von verfügbaren Landesmitteln oder Annahme aktueller Auslastungszahlen). 

Bei der Erstellung des Gebührenbescheides stellen Sie, wie eingangs aufgeführt, auf die „Akteneinsicht“ – also das Gespräch mit Frau Voth – und die „Anfertigung von Kopien“ ab. Zum Letztgenannten sei erinnert, dass die falschen (da unvollständigen) Duplikate übersandt worden. Ich bitte diesen Fehler zu korrigieren. 

Es erfolgt Ihrerseits ein Verweis auf Kostenerhebung nach dem Akteneinsicht- und Informationszugangsgesetzes. Bitte legen Sie mir dar, welche individualisierten Akten ich eingesehen haben soll. Auf die Anwendbarkeit und Veröffentlichungspflicht Ihrerseits nach dem Gebührengesetz BB bin ich bereits eingegangen.

Sie zeigen mir außerdem nicht auf, welcher konkrete Tarif laut Anlage 1 „Gebühren nach Zeitaufwand“ der Verwaltungsgebührensatzung der Stadt zur Anwendung gebracht worden sein soll. Dies bitte ich ebenfalls nachzuholen und die Zeiteinheiten inhaltlich zu hinterlegen. Bitte gehen Sie außerdem auf § 3 I ein (sachliche Gebührenfreiheit). Demnach werden für mündliche Auskünfte – und dazu zählt m. E. das Gespräch mit Frau Voth – gar keine Gebühren erhoben.

Haben Sie ferner – sollten Sie weiterhin auf die Anwendbarkeit des AIG und der Verwaltungsgebührensatzung der Stadt Königs Wusterhausen bestehen – § 3 III auf seine Anwendbarkeit geprüft? Unstrittig dürfte sein, dass an der Offenlegung der Platzkostenkalkulation ein öffentliches Interesse besteht. In diesem Fall kann auf die Erhebung von Gebühren abgesehen werden. Sicherlich ist dies eine Ermessensentscheidung, diese impliziert aber eine ermessensfehlerfreie Prüfung.

Insgesamt bin ich der Auffassung, dass in diesem Fall – unabhängig von den Auskunftsrechten, die gegenüber Frau Wollein als Stadtverordnete sowieso bestanden (Wie „teilen“ Sie dieses Gespräch eigentlich zeit- und kostenmäßig zwischen uns auf?) – die Verwaltungsgebührensatzung ebenfalls eventuell überhaupt nicht zur Anwendung kommen könnte, da meine Nachfragen letztendlich aus meiner Funktion als Elternsprecher (ebenfalls Beteiligungs- und Informationsrechte in Bezug auf den Träger der Einrichtung) und meiner konkreten Nachfrage während der Einwohnerfragestunde zu Stande kamen. § 2 II hat bspw. folgenden Wortlaut: „Kann eine Frage nicht in der Sitzung mündlich beantwortet werden, ist eine schriftliche Antwort zugelassen.“ Diese Antwort wollten Sie mir aber nicht geben und regten eine quasi „verspätete“ mündliche Antwort in Form eines Gesprächs mit Frau Voth an. Diesem Vorschlag folgte ich.

Außerdem dürfte es sich von selbst verstehen, dass auf anfallende Kosten vorher hingewiesen werden muss. Erst recht, wenn diese Gebührenerhebung durch Sie konstruiert wird. Dies ist aber nicht geschehen.

 Mit freundlichen Grüßen, Swen Ennullat, Niederlehme
Elternsprecher der Kita „Zwergenstadt“