Zum Ende von Gasthof „Riedels“

8. Januar 2025

Ein Offener Brief von Dr. Marina Kreisel

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wie Sie vielleicht selbst verfolgten, war am 29.12.2024 der letzte Tag einer 17 Jahre dauernden Tätigkeit des Teams Hoenckes/Riedels hier in Königs Wusterhausen; auf Geheiß der PSD Bank Berlin-Brandenburg, einer fusionierenden Genossenschaftsbank, schloss dort der Gasthof seine Tore, um dann in absehbarer Zeit abgerissen zu werden – so der Plan der Grundstückeigentümerin, die in ihrem Geschäftsbericht 2023 mit Blick auf ihr Westberliner Domizil und seine Funktionen im eigenen Kiez betont: „Das PSD Kundencenter mit angeschlossenem Kaffeehaus hat sich schnell als sozialer und kultureller Treffpunkt in Friedenau etabliert.“ https://www.psd-berlin-brandenburg.de/content/dam/f0712-0/pdf/rechtliches/jahresabschluss-geschaeftsbericht/geschaeftsbericht-jahresabschluss-2023.pdf. Das allerdings steht in deutlichem Kontrast zur Vernichtung des Gasthofes Riedel als einem beliebten, sozialen und kulturellen Treffpunkt in Königs Wusterhausen durch die PSD Bank.

Am letzten Öffnungstag des Gasthofes Riedel zeigte rbb 24 aktuell noch einmal einen knappen Beitrag, beginnend mit der großen Protestdemonstration von Bürgern und SVV-Mitgliedern im Sommer 2024, damals gerichtet auf den Erhalt der historischen Lokalität und auf deren Umfeld. Mit Fortsetzung bis hin zur Veränderungssperre und zum Abschied. Der jüngste Beitrag am 29.12.2024 umfasste zudem drei kurze Stellungnahmen von folgenden Personen: von Alla Stritz als Pächterin, von Michaela Wiezorek als Bürgermeisterin, von Daniel Mohaupt als Vorstandsvorsitzendem der PSD Bank (Sendung nur bis 05.01.2025 zugänglich).

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich weiß nicht, ob und wie Sie den Fernsehbeitrag und die Äußerungen dieser Personen wahrgenommen haben. Auf meiner Seite sah es dabei folgendermaßen aus: Die Aussagen der Bürgermeisterin – in den vergangenen Monaten wohl ohnehin nicht als ein Ausdruck für Engagement in der Sache „Kneipe“ aufzufassen – waren wie oft von der Art, dass sie allgemein blieben, ohne detaillierte Begründung. Festgehalten wurde auch diesmal von ihr lediglich:
„Die Stadt (gemeint ist die Stadtverwaltung – M. K.) sagt das, was sie auch während der Abstimmung gesagt und vorgetragen hat: dass die Veränderungssperre für dieses Grundstück, für diesen Zweck, für dieses Ziel – Erhalt des Gasthof Riedels – keine rechtliche Grundlage hat. Der Eigentümer hat das Recht, das Gebäude abzureißen.“

Als auffällig in der gesamten Sendung fiel mir allerdings zunächst eine andere Erscheinung auf: Frau Alla Stritz sprach erstmals selbst öffentlich, nachdem es zuvor immer Vertreter der Bank waren, die sich allein zu allem äußerten, was Vertrag und Gutachten betrafen, und die stets wiedergaben, was die Pächterin angeblich gesagt habe. Wir alle konnten folglich nur Positionen aus dem Hause der PSD Bank vernehmen – für uns Bürgerinnen und Bürger wie auch für Stadtverordnete waren und blieben das doch unüberprüfbare Aussagen. Erst am letzten Tag der Öffnung des Gasthofes ergriff die Pächterin das Wort und teilte im rbb-Beitrag ohne Umschweife mit: „Wir hatten gehofft, dass es länger dauert. Wurde uns auch versprochen. Zwischen fünf bis sieben Jahre hier zu bleiben. Aber so nach zwei Jahren die Kündigung zu erhalten, das war wirklich ein Schlag. Wir haben auch viel Geld investiert.“

Zur Erinnerung: Die Bank hatte öffentlich beharrlich auf den schriftlichen Vertrag hingewiesen – und dass dessen Kündigung rechtens sei. Sie habe sich absolut korrekt verhalten. Mancher Diskutant aus KW hatte sich deshalb gefragt, wie sich die Pächterin nach ihrem Umzug aus Hoenckes Wirtshaus auf einen so kurzen Vertrag hätte einlassen können. War das nicht mehr als leichtfertig? Es fragte sich mancher allerdings ebenso – das besonders angesichts der erfahrenen Geschäftsfrau Alla Stritz und ihrer langjährigen, erfahrenen Geschaftsführerin –, inwieweit hier im Umgang zwischen den zuständigen Vertretern der PSD Bank und der Pächterin auch etwas Mündliches erfolgt sein könnte, gewissermaßen etwas zwischen ehrbaren Kaufleuten. Unter ihnen hat das gesprochene Wort sehr wohl heute noch seinen Wert, seine Verlässlichkeit. https://www.stadtfunk-kw.de/keine-ueberzeugende-antwort-aus-der-psd-bank/

Die PSD Bank schwieg dazu öffentlich immer. Das ist Ihnen sicher im Laufe der letzten Monate nicht entgangen. Auch Alla Stritz schwieg dazu öffentlich – bis zum 29.12.2024 und vermutlich in der Hoffnung, dass es doch noch eine Lösung für Riedels Gasthof und ihr Team geben würde, für einen Ort von Gastlichkeit und Entschleunigung in Neue Mühle. Vergeblich. Die Bank setzte hinsichtlich des ausgerufenen Vertragsendes offenbar allein auf ihre eigenen Interessen.

Auffällig an der Stellungnahme des Vorsitzenden der Bank, Hern Daniel Mohaupt, der sich immerhin erneut persönlich dem Fernsehreporter und seinen Fragen gestellt hat, scheinen mir einzelne inhaltliche Aspekte zu sein; denn vor allem bekräftigt er das Ende von Riedels Gasthof, das wiederholt als alternativlos. Aus wirtschaftlicher Sicht. Aus Gründen einer falschen, störenden Lage des Gasthofes. Diesmal jedoch wartet der Bankvorsitzende neben bereits bekannten Aussagen mit einem zusätzlichen Argument auf: Es seien ja schon Firmen für erforderliche Arbeiten beauftragt gewesen, in Stellung gebracht. Das alles zurückzuziehen, das hätte ökonomische Folgen bedeutet, sie seien ebenfalls zu bedenken gewesen. Für die Bank. Als Riesen. Nicht für den existierenden Gastronomiebetrieb in Neue Mühle? Als Zwerg?

Was mir allerdings bemerkenswerterweise in der Stellungnahme des Vorstandsvorsitzendes nicht sichtbar wird (und vielleicht Ihnen auch nicht): Er weist die Aussagen von Alla Stritz nicht zurück, weder vorsichtig, noch strikt; er nennt sie nicht Falschaussagen, was ja doch naheliegend wäre, verhielte es sich so, wie von der PSD Bank bezüglich des Vertrages und seiner Kündigung bisher immer wieder geäußert. Er geht auf Alla Stritz‘ Aussagen überhaupt nicht ein. Warum nicht? Weil sie zutrafen? Oder weil ihm der Beitrag der Pächterin zum Zeitpunkt seines Gesprächs mit dem rbb-Journalisten noch nicht bekannt war? Weil ihm die kurze Zeit seiner Äußerung keinen ausreichenden Raum zur Klärung bot? Weil ein Ignorieren besser erschien, auf die Vergesslichkeit der Zuschauer setzend? Keine Ahnung. Ich kenne nicht die Entstehung des gesamten Beitrages.

Wie dem auch sei – mit hoher Wahrscheinlichkeit müssen Vertreter der PSD Bank wohl aber damit rechnen, dass die Bank nunmehr über den Fernsehbeitrag nicht überall als seriöse Partnerin wahrgenommen werden dürfte, nicht als eine, die ihr Versprechen, ihre Zusage gegenüber einem kleinen Betrieb tatsächlich einhält. Auch in der Erinnerung von Einwohnern und Mitgliedern der SVV wird sie vermutlich nicht frei von diesem öffentlich vermeldeten Makel sein – spätestens erneut dann, wenn sich die PSD Bank in naher Zukunft in kommunalpolitischen Gremien ihre Pläne zum Grundstück Neue Mühle absegnen lassen möchte und dabei manches verspricht bezüglich Bebauung, Mieten, Mieter, soziale Strukturen, Mehrwert usw.. Bisher sind nur vage Skizzen einsehbar und Allgemeinplätze zu lesen. https://www.psd-berlin-brandenburg.de/content/dam/f0712-0/pdf/Sonstiges/Einblick%20Planungen%20Wohnquartier%20Neue%20M%C3%BChle%20_Bebauung.pdf

Nach ihren Erfahrungen mit einem als gebrochen bezeichneten Versprechen, das Alla Stritz auf den letzten Metern ihrer Existenz als Pächterin der PSD Bank öffentlich bekanntgegeben hat, werden Stadtverordnete derartigen Versprechungen aus der PSD Bank vielleicht erst recht misstrauisch gegenüberstehen (müssen). Dafür gibt es offenbar bereits ohne die Stritzsche Offenbarung Grund genug – er wurde beispielsweise schon dort deutlich, wo es ein Mitbürger während der Protestdemonstration im Sommer 2024 eine Unverschämtheit nannte, „wie Investoren hier von auswärts kommen, sich die Taschen vollmachen und einen Fleck zurücklassen mit weniger Lebensqualität als vorher.“ Unabhängig davon, dass PSD Bank und Bürgermeisterin nicht müde werden, vom Mehrwert zu reden, den sie für die Kommune, für deren Einwohner schaffen würden. Ohne die Verluste zu nennen, die dabei entstehen.

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, nach allem, wie es aussieht, treffen sich die Stadtverordneten von KW und die PSD Bank mindestens zweimal im Leben. Und es wird beim zweiten Mal wieder um kommunale Selbstverwaltung, um Planungshoheit unserer Kommune gehen, zumal ein perspektivischer Vorschlag für das Grundstück Neue Mühle bereits existiert, den die Bürgermeisterin sowie die Bank mit ihrem aktuellen Planungsstand der Bebauung unbedingt vermeiden wollen. Und wenn die Planungshoheit – vornehmlich von Michaela Wiezorek als ein wirksames kommunales Steuerungsmittel beschworen – nicht lediglich ein Schlagwort bleiben soll wie so oft, sondern konsequent zum Nutzen unserer Kommune eingesetzt, dann wird der nunmehr folgende Prozess nicht ohne intensivste Debatte über dieses private Filetstück abgehen können. Und es würde sich wohl jene inhaltliche und zeitliche Zurückhaltung verbieten, wie sie die Bürgermeisterin und ein Teil von SVV-Mitgliedern – so mehrheitlich die SPD-Fraktion – im Zusammenhang mit dem Grundstück Neue Mühle bisher in der Öffentlichkeit an den Tag gelegt haben? Das zu fordern ist aus meiner Sicht nicht zuletzt nötig unter dem Eindruck von „Fast-Geistersiedlungen“ im Innern von Königs Wusterhausen; denn auch sie waren im Zuge ihrer Entstehung von dem vollmundigen Versprechen begleitet, dort gemischtes Leben zu ermöglichen. https://www.youtube.com/watch?v=Rp0QmyiBmh Die Bilanz sieht bisher jedoch anders aus. Das darf meines Erachtens nicht vergessen sein, wenn Investoren wie die PSD Bank Grundstücke vermarkten wollen – über Bebauungspläne, die ihnen von der Kommunalpolitik in KW genehmigt werden sollen. Von einer SVV, die sich in ihrer Zusammensetzung seit der letzten Wahl erneut verändert hat. Nicht zufällig.