Archiv der Kategorie: FUNKSPRUCH

Glossen und Kommentare von Autoren des Stadtfunk

Wenig Beteiligung, viele Ideen: die INSEK-Marktplatzveranstaltung

3. März 2017

Priska Wollein, Freie Wähler KW

Die Stadtverwaltung Königs Wusterhausen hatte am Donnerstag, den 2. März 2017, zum INSEK-Marktplatz aufgerufen – und leider nur wenige Bürgerinnen und Bürger fanden den Weg ins Rathaus. Das mag sicher dem Umstand geschuldet sein, dass sich wochentags kaum jemand ab 17 Uhr für mehrere Stunden Zeit nehmen kann. Vielleicht erschloss sich aber auch im Vorfeld die Bedeutung eines solchen INSEK – das heisst Integriertes Stadtentwicklungskonzept – nicht allen gleichermaßen.

Das Büro complan Kommunalberatung aus Potsdam führte durch die Veranstaltung und augenscheinlich macht sie dies nicht zum ersten Mal, denn im Vortragstitel wurde Dr. Franzke als Bürgermeister einer Nachbargemeinde vorgestellt – bedauerlicher Copy-Paste Fehler :-)

Gemeinsam mit den Anwesenden wurden verschiedene zentrale Themenfelder betrachtet, bewertet und mit Vorschlägen ergänzt – von Siedlungsentwicklung und Wohnen über Wirtschaft und Wissenschaft, die Gestaltung der Innenstadt bis hin zu Verkehr und Mobilität, Umwelt und sozialer Infrastruktur. Vor jeder Thementafel und anhand der aushängenden Pläne konnte man mit jeweils einer/einem Vertreter/in der Verwaltung sowie den Mitarbeitern von complan ins Gespräch kommen. Argumente, Ideen und Kritikpunkte wurden auf kleine Zettel geschrieben und angeheftet. Wir waren dabei und machten mit. Klebten Wunschzettel und Wutnachrichten.

Aber was nun? Werden diese Bemühungen tatsächlich Eingang in das Ringen um die Zukunft Königs Wusterhausens finden? In ein Ringen, das naturgemäß über die Finanztöpfe ausgetragen wird; bei dem Wachstumsinteressen denen nach Bewahrung des Wohnumfeldes entgegenstehen? Wo eine städtische Entwicklung der der ländlichen gewachsenen Ortskerne entgegensteht, und wo mächtige Verkehrsachsen nicht nur ein Ansiedlungsplus, sondern auch Quelle von Lärm sind und die Stadt in jede Richtung »zerschneiden«? In einer Stadt, wo Familienfreundlichkeit von der Realität konterkariert wird, das Fahrrad erst kürzlich als Verkehrsmittel erkannt wurde und Natur und Tierwelt sowieso generell den Kürzeren ziehen? 

Wir sind gespannt.

Was immer wieder beteuert wurde, und sich an den Tafeln bestätigte: kein Thema ist isoliert zu betrachten, alles hängt mit allem zusammen und genau das macht es eben so schwierig für den Laien, außerhalb seines persönlichen kleinen Kosmos auch das Wohl der städtischen Gemeinschaft – das sogenannte Gemeinwohl – vor Augen zu haben. So aber kommen wir uns ein wenig vor wie bei »Wünsch Dir was«: 0,1 % der Bevölkerung treffen quasi wegweisende Aussagen zur Entwicklung ihrer Stadt…?

Übrigens kommt es dieses Jahr dicke. Denn neben dem INSEK gilt es auch noch, einen LEP* und am Ende dann den FNP* zu verabschieden. Weiter wäre noch das bereits verabschiedete IEP (Innenstadtentwicklungskonzept 2030) zu beachten… Ja sicher, alle diese Pläne greifen ineinander, und keiner soll und kann losgelöst von den anderen betrachtet werden! 

Wer bestimmt’s also wirklich am Ende, wo soll es hingehen? Wer schreibt den Masterplan fest, prägt die Identität von Königs Wusterhausen, gibt ihr ein Gesicht und Visionen für die nächsten Generationen, so wie einst Friedrich I. oder ein Graf von Einsiedel?

Wenn sich jedoch niemand findet – und danach sieht es im Moment aus – dann dreht sich diese Stadt womöglich lediglich um sich selbst und wurschtelt weiter im Flickwerk von »Notwendigkeiten« vor sich hin. Das allerdings geschähe dann in guter Tradition, beschrieb doch schon 1809 Friedrich von Raumer, bekannter Historiker und Politiker seiner Zeit, Königs Wusterhausen auf Grund der Anwesenheit von typisch großstädtischen Beamten wie eines Superintendanten, eines Oberamtmannes, eines Postsekretärs und eines Justizbeamten als „eigentümlichen Ort, der weder eine Stadt, noch ein Flecken, noch ein Dorf ist“…

* LEP = Landesentwicklungsplan; FNP = Flächennutzungsplan

Das Projekt der offenen Gesellschaft

1. März 2017

Dr. Dieter Füting

Gastbeitrag von Dr. Dieter Füting.

Die Historikerin Hannah Arendt forderte, dass wir ein Verhältnis zu uns selbst entwickeln müssen, dass wir uns von der Orientierung an der uns umgebenden Gesellschaft ab- und uns zuzuwenden haben.

Ein Leben ohne Selbsterforschung ist nicht lebenswert. Auch ich möchte weiterhin vor allem mir selbst vertrauen. Dazu erneuere ich immer wieder meinen „Gesellschaftsvertrag“, der mir die ständig weiter zu entwickelnden ethisch- moralischen Lebensprinzipien vorgibt.

Gerechtigkeit und Wahrheit sind Kategorien, denen ich mich selbst stelle und die ich von meinem Umfeld im allgemeinen und der Gesellschaftspolitik im Besonderen fordere.

Gerechtigkeit erfahre ich durch die Politik nur interessengebunden und machtbezogen. Es geht nur noch um Verteilungsergebnisse, um den simplen Verweisungszusammenhang.

Alles wird zu einer Frage der Interpretation gemacht, unterschiedliche Interessen werden verwischt. Es gilt nur noch die Wahrheit des Preises und des Gewinns. Wer das nicht akzeptiert, gehört zu den ideell Ausgeschlossenen.

Doch der Politik auf Landesebene und im Kleinstadtmilieu, z.B. von Königs Wusterhausen, nützt ihre einzige Orientierungshilfe nichts, weil ihr das Wissen und das Bewusstsein davon fehlt. Wir, die Ausgeschlossenen, haben denen gegenüber ein wichtiges Privileg. Das ist das Privileg unserer Offenheit. Es folgt dem einfachen Gedanken, dass die materiellen Lebensbedingungen, d.h. lebenswerte Umwelt, gesundes Wasser, gesunde Lebensmittel, kein krankmachender Lärm und kein krankmachender Gestank, verantwortungsvolle Industrie- und Wohnungspolitik u.s.w., dass diese materiellen Lebensbedingungen die Grundlage für ein moralisches und menschenwürdiges Leben sind.

Wo Offenheit ist, ist Urteilskraft. Urteilskraft als Bedingung für Gerechtigkeit. Dagegen führt kalte Gerechtigkeit und die Kälte der Politik zu Gleichgültigkeit.

Aber jede Gleichgültigkeit tötet.

Auf ein Neues!

7. Januar 2017

Uta Pews, Zernsdorf, Mitglied bei FWKW

„Freie Wähler Königs Wusterhausen“ – Sicher wird jetzt der ein oder andere denken (oder sagen) – „Schon wieder ein neuer Verein, Bürgerinitiative, was soll das ganze Zeug, die erreichen ja doch nichts.“

Ein nicht so abwegiger Gedanke, gebe ich zu!

Erst „lebte“ Zernsdorf, dann war es ein Verein mit unpraktisch langem Namen, dann waren „Wir“ für KW…   Wir kämpfen bisher mehr oder weniger erfolgreich gegen Autobahnlärm und Waldvernichtung, für die Öffnung des Seezuganges in der Friedensaue, gegen politische Seilschaften, die Politik des Aussitzens und nicht zuletzt gegen Windmühlenflügel.

Aber wir sind nicht Don Quijote!!!!! *

Wir haben einen großartigen Erfolg errungen und der ist für uns der Grund zum Weitermachen: Königs Wusterhausen ist politischer geworden!!! Bürger nehmen aufmerksam und kritischer wahr, was um sie herum passiert. Die Medien – besonders die MAZ – nehmen uns ernst. Einwohner bitten um oder bieten Unterstützung an.

Deshalb also jetzt Freie Wähler KW – und so, wie der Name sagt, wollen wir unabhängig von politischen Parteien sein, wollen wir uns problemorientiert gegen Missstände in unserer Stadt und ihren Ortsteilen für sinnvolle und zweckmäßige Lösungen einsetzen. Mit unserer Initiative richten wir uns an alle Bürger der Stadt. Machen Sie bei uns mit ! Nennen Sie uns Ihre Befürchtungen und die Problemstellen, an die wir ran müssen. Wenn wir gemeinsam gegen Lärm, gegen Geruchsbelästigung von Wiesenhof, gegen noch mehr Windräder, für Uferwanderwege rund um unsere Seen, Kitaplätze und so viel mehr kämpfen, dann wird unsere Stadt mit ihren Ortsteilen schöner und es kann zu einem nachbarlichen Miteinander kommen, in dem wir uns alle wohlfühlen.

* Vielleicht sind aber gerade bei Cervantes’ Helden gewisse Parallelen zu finden:
«Von nun an ist der Ritter von der Mancha keine vom Autor ins Lächerliche gezogene Figur mehr, er ist Träger eines Ideals im positiven Sinne, und wenn der Versuch, es zu verwirklichen, ihm Hohn und Spott einträgt, dann liegt es nicht an diesem Ideal, sondern an der Welt und ihrer Niedertracht.» Hugo Lautenberger

Identitätskrise des Herrn Reimann?

10. Dezember 2016

Priska Wollein, Freie Wähler

Heute morgen wischte ich mir mehrfach die Augen, weil ich diesen nicht mehr trauen wollte: Herr Michael Reimann ist anscheinend über Nacht zu uns Freien Wählern übergelaufen? Jedenfalls erzählt mir das der Artikel »Stadtverordnete beschließen weiteren Nachtragshaushalt« in der MAZ gleich an zwei Stellen. 

Gehen wir aber einmal davon aus, dass das nicht der Fall ist und Herr Reimann nicht über seinen Schatten sprang – warum waren weder er als Fraktionsvorsitzender der WirfürKW/UFL noch Thorsten Kleis als Fraktionsvorsitzender der LINKEN  zu ebendieser wichtigen Sitzung, die den Nachtragshaushalt beschloss, anwesend? Da hätte die Presse doch zumindest am Schildchen erkennen können, wo wer hingehört!

Wir werden die MAZ um Richtigstellung bitten, ist doch gerade Herr Reimann einer derjenigen, die die Freien Wähler in Königs Wusterhausen lange Zeit zu verhindern wussten.

Landkreis in der Identitätskrise

8. Dezember 2016

Priska Wollein, Mitglied der SVV KW und Gründungsmitglied Freie Wähler KW

Zur den Bestrebungen einer Kreisreform

Eine Lebenskrise besteht meist nicht aus einer Ursache allein, sondern ist die Folge einer Entwicklung, die sich aus unterschiedlichen Ursachen und Rückschlägen aufbaut.
Ähnliches gilt für eine Identitätskrise, und nicht weniger ernst sollte man sie nehmen. Ein einziges Problem wie die Zusammenlegung von mehreren Landkreisen zu einem muss noch nicht zu einer solchen Krise führen, sehr wohl aber die Aneinanderreihung von vielen Frustrationen über die Jahre durch sogenannte Reformen und immer größere Verwaltungseinheiten. Denn damit wurden uns Stück für Stück der Durchblick und die Mitbestimmung genommen.

Aus den Beobachtungen der letzten drei Jahre Politik in LDS müssen wir feststellen, dass der Bürgerwille vor Ort nicht gern gehört wird – ja eher stört, und dass wir (immer unter dem Schirm der guten parlamentarischen Demokratie) ruhiggestellt werden. De facto gibt es schon jetzt kaum Möglichkeiten, an unserem Ort, in unserer Gemeinde Sinnvolles in unserem Sinne zu bewegen. Scheinheilige Offenlegung oder Abstimmung von Anträgen, die bereits längst durchgewunken oder in Kraft gesetzt worden sind (Eintrittsgeld Freibad Neue Mühle!), Gutachten durch »eingekaufte« Gutachter (Umweltgutachten zu Windenergieanlagen im Wald), Pseudo-Bürgerbeteiligung und das Hinhalten bei berechtigten Fragen oder Forderungen der Bürger gehören zum Alltag in vielen Gemeinden.

Die Informationskultur wurde in gleichem Maß heruntergefahren wie die Verwaltungseinheiten größenmässig wuchsen.

Nun sollen also mit den Kreisfusionen noch höhere Hürden erstellt werden. Wenn zukünftig zum Beispiel ein Vorhaben zur Bürgereinsicht ausgelegt wird, und die Bürgerinnen und Bürger dann 150 km kreuz und quer durch »ihren« Landkreis fahren müssten, um sich zu informieren – wer könnte das dann noch? Wer täte das dann noch? Welcher Einwohner würde noch einer Kreistagssitzung beiwohnen, wenn er dafür stundenlang unterwegs ist? Wieviele Themen können denn überhaupt auf einer solchen Kreistagssitzung behandelt werden – doch nicht etwa die doppelte Anzahl wie heute? Fallen also regionale Belange unter den Tisch? Das muss uns doch erst einmal jemand erklären, wie dann noch Politik VOR dem Volk und MIT dem Volk gemacht wird. Und an welchem Ende dann eigentlich gespart wird. Denn darum geht es doch bei der ganzen Sache, oder?

Dass Fusionen auch zu bestimmten momentanen Tendenzen im politischen Gefüge Deutschlands beitragen, könnte man vermuten; dass aber der gemeinschaftliche Zusammenhalt immer stärker leidet und damit ein Kerngedanke unserer Gesellschaft, ist eine Tatsache und betrifft uns alle. Großkreise schaden der Wahrnehmung kommunaler Ehrenämter, auf denen mittlerweile ein Großteil gesellschaftlicher Fürsorge ruht. Vertrauen schwindet, Zuversicht auch.

Bereits frühzeitig hat wohl auch unsere brandenburgische Landesregierung erkannt, dass bei »unfreiwilligen« Gebietszusammenlegungen der allgemeinen Stimmung entgegen gewirkt werden muss. Ihr Ministerium des Inneren und für Kommunen schlägt in einem Papier »Verwaltungsstrukturreform 2019« vom 22. Mai 2015 zur Kreisgebietsreform interessanterweise Folgendes vor:

Selbstbewusste Ortsteile erleichtern freiwillige Fusionen

1. Ausweitung der Entscheidungsrechte der Ortsbeiräte, insbesondere durch Ortsteilbudgets für kleinere Investitionen (z.B. Spielgeräte für die örtliche Kita)

2. Rechte der Ortsvorsteherinnen und -vorsteher stärken, z.B. Akteneinsicht, Frage- und Antragsrecht in der Gemeindevertretung (wie Gemeindevertreter)

3. Hauptamtlich Beschäftigte der Gemeinde- oder Amtsverwaltung sollen für ihre Tätigkeit als Ortsvorsteherinnen und -vorsteher eine angemessene Anrechnung als Arbeitszeit erhalten.

4. Möglichkeit der Gemeinde, in größeren Ortsteilen (> 3.000 Einwohner) hauptamtliche Ortsvorsteherinnen und -vorsteher vorzusehen

5. Servicestellen der Gemeindeverwaltung in den Ortsteilen.

Den hier genannten Maßnahmenkatalog können wir 1:1 unterschreiben!

Jedoch: wir sind der Meinung, dass diese Maßnahmen umgehend umgesetzt werden sollen –Kreisfusion hin oder her! Denn, wie gesagt, der Identitätsverlust ist bereits in vollem Gange und müsste dringend aufgehalten werden.

Wir wollen sehen, wie unsere Stadt dazu steht – und ob sich unsere Landesregierung an ihre eigenen Vorschläge erinnert.

PS: Und übrigens, falls es noch nicht klar ist, wir sind gegen eine Fusion von Landkreisen, insbesondere gegen die Fusion unseres Landkreises DS mit TF. Was unsere Kollegen in Teltow-Fläming genauso sehen. Und stehen Zwangsehen in Deutschland etwa nicht unter Strafe?

Ich, Bullenberg von Senzig

8. Oktober 2016

Offener Brief an die Stadtverordneten von KW, bullenbergsenzig@t-online.de

Guten Tag, sehr geehrte Stadtverordnete!

Ich, Bullenberg von Senzig, wurde vor ca. 10 000 Jahren in der Eiszeit geboren und bin über 50 Meter hoch. Auf meinem Kopf wachsen herrliche alte Kiefern.
Meine Haut ist aus Wiese und Trockenrasen. Sie ist oft rau und trocken, aber ich fühle mich wohl in ihr. Oft krabbelt es auf ihr. Dann finde ich Käfer, Schmetterlinge und vieles Kleingetier. Für die Biologen unter Ihnen: ich habe auch schon Feldehrenpreis und Lichtnelke entdeckt.

Links habe ich eine lange Narbe. Sie tut nicht weh. Sie ist schön. Kinder haben sie mir beigebracht.
Ich liebe Kinder. Sie besuchen mich oft und spielen einfach nur auf mir.

Auf meinem Fuß trampeln manchmal Pferde herum. Sie zupfen an meiner Haut. Das macht mir nichts aus. Ich hatte auch schon Brandwunden. Die verschwinden aber wieder. Meine Haut schafft das prima. 

Es gibt sehr viele Menschen hier in Senzig und Umgebung, die wollen, dass ich alter Zausel so bleibe wie ich bin. Sie finden mich schön. Sie sagen, ich gehöre hierher.

Nun möchten ganz wenige Leute, dass auf meinem Fuß eine Schule gebaut wird. Ich habe nichts gegen Schule. Schule ist wichtig. Z. B. damit Kinder lernen, dass in einer Demokratie die Regierung vom Volk ausgeht. Aber eine Schule hier auf meinem Fuß? Täglich höre ich den Lärm der Straße und sehe rasende Autos. Hier sollen Kinder in Ruhe und gefahrlos lernen können?

Und dann stelle ich mir vor, wie mein Fuß verwundet wird und meine Haare ausgerissen werden. Ich stelle mir vor, wie meine Wiesenhaut abgerissen und mit Betonhaut ersetzt wird. Dabei werde ich traurig. Gibt es denn keine andere Lösung für die Schule und mich? Nein? Dann bleibt nur meine Narbe von mir übrig. Und die ist dann hässlich.

Der Bullenberg,
bullenbergsenzig@t-online.de

Eindrücke aus einer Stadtverordnetenversammlung

19. Juli 2016

Ute Kröning, Wernsdorf

Für jeden Bürger der Stadt KW müsste es zur Pflicht werden, die Stadtverordnetenversammlung in KW zu besuchen – zumindest einmal in seinem Leben. Mehr ist ihm nämlich nicht zuzumuten. Ich bin entsetzt.

Die öffentliche Sitzung begann bereits um 17.00 Uhr und da ich einen Job habe, kam ich eine 1/2 h zu spät … und ich stand verzweifelt vor verschlossenen Türen. Ich flitzte zum Hintereingang, dann wieder zum Vordereingang – endlich erbarmte sich der Hausmeister auf mein verzweifeltes Klopfen und machte auf – so war eine weitere Viertelstunde vergangen. Offensichtlich ist die SVV nicht daran interessiert, dass Bürger der Sitzung beiwohnen – so mein Gefühl. 

Die Sitzung selbst war übervoll – alle Plätze besetzt, sodass ich stehen musste, was für mich kein Problem war. 

Eine elend lange Tagesordnung schmückte den öffentlichen Teil der Sitzung. 

Einige für mich wichtigen und interessanten Tagesordnungspunkte waren zu diesem Zeitpunkt schon gelaufen. Der TO-Punkt – Informationen des Bürgermeisters – war bereits vorbei und die Einwohnerfragestunde war auch in den letzten Zügen. Augenscheinlich konnten viele der im Vorfeld der SVV eingereichten Fragen nicht beantwortet werden; auch die aktuellen Fragen der Bürger müssen wohl noch geprüft und bei den zuständigen verantwortlichen Verwaltungsbereiche hinterfragt werden. Ich bin gespannt, wann und wie man als Bürger über die ausstehenden Antworten informiert wird. 

Mehr als enttäuscht bin ich über die getroffenen Entscheidungen, die gerade Familien zukünftig betreffen. So wurde mehrheitlich die Entscheidung getroffen, dass zukünftig im Strandbad Neue Mühle eine Erhöhung der Eintrittsgelder um 20 % bei den Erwachsenen und um 25 % (!) bei den Kindern erfolgt. Und das leider im Vorfeld der Schulferien. Die Kinder tun mir leid, denn ich kann mich heute noch daran erinnern, wie oft mir während meiner Schulzeit die 20 Pfennige Eintritt ins Schwimmbad fehlten… 

Der Bürgermeister hatte im Übrigen die Eintrittspreise bereits vor der Entscheidung der SVV erhöht, was sich als unrechtmäßig herausstellte. Er entschuldigte sich und will nun das unrechtmäßig eingenommene Geld (nach seinen Worten: „Centbeträge“) einem sozialen Projekt zugute kommen lassen. 

In Senzig sollen Kinder zukünftig in Containern unterrichtet werden, deshalb muss eine Eilentscheidung für den Kauf bzw. die Miete der Container her. So nebenbei erfahre ich, dass diese Situation (zu viele Kinder und zu wenig Platz in der Schule) bereits seit 6 Jahren besteht und die Kinder aufgrund dessen teilweise schon seit Jahren im Mehrgenerationenhaus unterrichtet werden… 

Im „Spatzennest“ hat sich eine Erzieherin die Finger im Fensterrahmen so stark eingequetscht, dass sie beinahe die Fingerkuppen verlor – die nötigen Mittel mussten nun über die SVV beantragt werden. Ich hätte mir gewünscht, dass solche Maßnahmen unkompliziert durch die Verwaltung im Rahmen von Reparatur- und Modernisierungsmaßnahmen erledigt werden können. Ich wurde nun eines Besseren belehrt. Und es kommt noch besser. 

Es gibt einen Antrag von „Wir für KW“ über Rettungsringe für die KW’er Badestellen. Auch hier ist mein Verständnis so, dass die Verwaltung oder die Stadt verantwortlich für ihre Bürgerinnen und Bürger sowie ihre Neu-Bürgerinnen und Bürger sein sollte. Das Thema, dass an den Badestellen gerade in diesem Jahr deutlich mehr Menschen ertrinken – schon aufgrund der Zuwanderung – ist in aller Munde, deshalb habe ich doch ehrlich gedacht, dass dieses Thema –nach 500.000 € Schulcontainer und zigtausend Mehrkosten für Radfahrwege (die im Übrigen auch sehr wichtig sind!!!), von den Mehrkosten für das Rathaus gar nicht zu sprechen – durchgewunken wird. Aber nein. Unsere Stadtverordneten haben entschieden, dass dieses Problem erst einmal in den Ausschüssen beraten werden muss und da wir kurz vor der Sommerpause sind, wird dann eine Entscheidung sicherlich zum Spätherbst herbeigeführt werden… Die Kosten für Rettungsringe sind mehr als überschaubar, für meine Begriffe ein Witz. Die Notwendigkeit dafür liegen auf der Hand. Gestern oder vorgestern war hier in Facebook noch zu lesen, dass die Fire@Ice-Bar einen Rettungsring spenden möchte und genau die gleichen Stadtverordneten, die heute auf der Sitzung den Antrag abgelehnt haben, haben den Beitrag der Fire@Ice-Bar fleißig »geliked«. 

Ich verstehe das nicht und bin mehr als entsetzt. Insbesondere von der SPD-Fraktion, die eigentlich immer sozial sein will, oder? Heute war sie es definitiv nicht. Schade!

Dr. Franzke und die gute Politik

6. März 2016

Matthias Fischer

„Wir machen hier in Königs Wusterhausen eine gute Politik“ – das ist einer der liebsten Sprüche unseres Bürgermeisters Dr. Lutz Franzke (SPD) bei vielen Gelegenheiten, sei es bei der Eröffnung einer Einrichtung, deren Betrieb zu den pflichtigen Aufgaben der Kommune gehört oder in seinen Berichten vor der Stadtverordnetenversammlung.

Heute hätte er wieder einmal Gelegenheit gehabt, das zu demonstrieren. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg mit seinem Brandenburg-Team war 6 Stunden vor Ort in Uckley (Zernsdorf), um sich die Sorgen und Nöte der Bürger anzuhören. Auch Bürgermeister Dr. Franzke und Landrat Stephan Loge (SPD) waren eingeladen, um zur neuesten Industrieansiedlung in KönigsWusterhausen Stellung zu beziehen.

Beide kamen nicht. Ohne Entschuldigung.

Unentschuldigt deshalb, weil sie als die höchsten Wahlbeamten von Stadt und Landkreis die verflixte Pflicht haben, sich der Sorgen und Nöte ihrer Bürger anzunehmen, gerade bei diesem höchst umstrittenen Industrieprojekt in unserem Stadtgebiet.

Gute Politik geht anders. Ob sich die betroffenen Menschen bei der nächsten Wahl daran erinnern, wenn sie ihr Kreuz setzen?

Der Blick über den Tellerrand: Bäume statt Werbetafeln

10. Dezember 2014

Priska Wollein; Quelle: F.A.Z.

Es wird Zeit, dass wir umdenken. Ach was, den Satz haben Sie schon zigtausendfach gehört? Und wenn? Was haben Sie, was haben wir und was hat unsere kleine Stadt am Rande Berlins tatsächlich bereits getan – denn dem UMDENKEN sollten doch sicherlich TATEN folgen?

Da hat ein Bürgermeister in einer europäischen Stadt, einer etwas größeren als Königs Wusterhausen, einmal sein Wahlversprechen eingelöst. Und das ist nicht unspektakulär. Er verbannt nämlich alle Werbetafeln aus seiner Stadt, und lässt an den größten Stellflächen Bäume pflanzen. 50 Stück erst einmal. Aktiver Baum-Schutz, aktiver Schutz vor visueller Umweltverschmutzung.

Des weiteren sieht sein Konzept vor, dass kleinere Tafeln – in Fußgänger-Dimension – aufgestellt werden und damit die Verbreitung von kulturellen, politischen und sozialen Aktivitäten gefördert wird.

Nebenbei fördert er den Autoverzicht (Ausbau des öffentliches Verkehrnetzes!), kürzt Gehälter der Stadträte und will die Stadtverwaltung verpflichten, die Daten öffentlicher Bauprojekte, das Schulwesen und die Energieversorgung frei zugänglich zu machen. Ein Vorbild in Sachen Ökologie, ein Vorbild in Sachen Transparenz.

Schneiden wir uns ein Stückchen davon ab, formen wir mit passenden Konzepten unser eigenes KW für eine lebenswerte Zukunft!

PS: das beschriebene Szenario befindet sich in Grenoble, mit knapp 160.000 Einwohnern 4,5mal so groß wie KW und über Jahrzehnte hinlänglich bekannt geworden für den verschwenderischen Umgang mit Ressourcen und der Natur. Bei den Kommunalwahlen im März 2014 gewann Eric Piolle, Kandidat der Grünen. Quelle: F.A.Z.

Der Blick über den Tellerrand: Tempolimit 40 in Städten

10. November 2014

Priska Wollein

Sicherlich ist Königs Wusterhausen nicht die Stadt, die mit innovativen oder einfach nur ungewöhnlichen Ideen vorangeht. Doch manchmal muss man ja nicht der Erste sein, man kann sich gute Ideen auch abschauen. Dazu empfehle ich einmal den Blick über den Teich; im Land der großen Freiheit kommt man zur Erkenntnis, dass ein Mehr an Einschränkung auch ein Mehr an Lebensqualität bedeuten kann.

Manchmal hilft ein Blick über den Tellerrand

„In dieser Stadt über die Straßen zu gehen ist immer ein Abenteuer. Nun könnte sich die Situation leicht entspannen: New York City hat die Höchstgeschwindigkeit von knapp 50 auf 40 Stundenkilometer gesenkt. Lediglich auf einigen großen Verkehrsachsen darf künftig noch 30 Meilen pro Stunde (48 Stundenkilometer) gefahren werden. Ansonsten sind nur noch 25 Meilen pro Stunde erlaubt. Indem wir New Yorks Fahrer dazu bringen, langsamer zu fahren, werden wir Unfälle verhindern, die New Yorker vor Verletzungen schützen und Leben retten“, heißt es in einer Erklärung der Verkehrsbehörde. Demnach geht rund ein Viertel der Unfälle in der Stadt auf überhöhte Geschwindigkeit zurück. Ein Fußgänger, der von einem 40 Stundenkilometer schnellen Fahrzeug erfasst werde, habe eine doppelt so hohe Überlebenschance wie einer, der mit einem 48 Stundenkilometer schnellen Auto zusammenstoße.« (Zitat aus Spiegel Online vom 9.11.2014)

Die Gesetze der Physik gelten übrigens auch bei uns. Man muss leider bemerken, dass gerade in den eingemeindeten Ortsteilen innerorts deutlich schneller als die erlaubten 50km/h gefahren wird. Jeder weiss es: Straßendörfer verleiten geradezu zum »zügigen« Durchqueren – vor allem den, der kein Anlieger ist und selbst nicht unmittelbar vom Lärm, Staub und den Gefahren des Autoverkehrs betroffen ist. Und es trifft nicht nur die Anlieger: Gerade auch Fahrradfahrer, die keine Radwege benutzen dürfen, weil sie außer Kraft gesetzt (Zernsdorf) oder gar nicht vorhanden sind, leben hierzulande gefährlich.

Ziele wären:
– Eine bürgerfreundliche Stadt, die Rücksicht auf die schwächeren Verkehrsteilnehmer (langsame und unsichere Bürger) nimmt
– Eine gesündere Stadt, durch Reduktion von Lärm und Staub
– Eine attraktive Stadt, die für Besucher und Fahrradtouristen echte Vorteile bietet

Und wenn schon keine Herabsetzung des Tempolimits machbar ist (wir sind ja nicht NYC!), muss man über andere, entschleunigende Maßnahmen auf den Hauptstraßen nachdenken – und auch den Willen haben, sie durchzusetzen. Leider ist das alleinige Pochen auf »Vernunft« bei einem guten Teil der Autofahrer wirkungslos. Mit Freiheit muss man eben auch verantwortungsvoll umgehen; dann soll sie gern allen weitmöglichst erhalten bleiben.

Ansätze wären:
– Überquerungshilfen: Zebrastreifen, zentrale Verkehrsinseln
– entschleunigende Verkehrsinseln im Anfangsbereich der Ortschaften
– fest installierte Blitzer in den Ortseingangsbereichen (mir ist keiner im Stadtgebiet KW bekannt)
– Shared spaces – also Verkehrsräume, die gleichberechtigt von den verschiedenen Verkehrteilnehmern genutzt werden können